Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Werbung einer Bank für risikobehaftete Kapitalanlage (hier: Genussscheine) bei eineitiger Hervorhebung der Vorteile

 

Normenkette

WpDVerOV § 4 Abs. 1, 2 S. 1; UWG § 4 Nr. 11; BGB § 280; WpHG § 31 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 08.10.2013; Aktenzeichen 7 O 2340/13)

BGH (Aktenzeichen I ZR 108/14)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 8.10.2013 (Az.: 7 O 2340/13) dahingehend abgeändert, dass die Beklagte über das erstinstanzlich ausgesprochene Unterlassungsgebot hinaus verurteilt wird, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern die Vorteile der Wertpapierdienstleistungen in Form von Genussscheinen mit den Angaben:

Sicherheiten

Eine Besonderheit dieses Genussscheins sind die von der Emittentin den Genussscheingläubigern gestellten Projektsicherheiten im Rang nach der fremdfinanzierenden Bank, die von der emissionsbegleitenden U. bank treuhänderisch gehalten werden. Die U. bank hat die Emission vollständig übernommen und bietet ihren Kunden den Genussschein, der gebührenfrei im Depot verwahrt wird, ab einem Betrag von 2.500,- EUR zum Kauf an.

Verzinsung

Die I. Betriebs-KG begibt den Genussschein als klassisches Wertpapier, das für wachstumsorientierte Anleger der Risikoklasse 3 mit einem überschaubaren Kurs- und Bonitätsrisiko ausgestattet ist. Der Nominalzins von 5,65 % p.a., der für eine Laufzeit bis 31.12.2022 fest ist, ergibt bei einem Verkaufskurs von 102,93 % eine Emissionsrendite von 5,65 % p.a.

Bitte prüfen Sie vor Ihrer Kaufentscheidung den Wertpapierprospekt, der die Basis Ihrer Entscheidung bildet. Zum Wertpapierprospekt (pdf) darzustellen, und die mit der Dienstleistung verbundenen Risiken lediglich wie nachfolgend abgebildet zu benennen ohne konkrete Angaben über die Risiken zu machen.

Sicherheit

Risikoklasse bei der U.:

3 von 5

Höheren Ertragserwartungen stehen höhere Risiken gegenüber; Totalverlust weniger wahrscheinlich.

Wichtige

Informationen

Zum Wertpapierprospekt

Zur Emittentin

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 214,- EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.4.2013 zu bezahlen.

III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 26 Verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er nimmt nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahr und ist in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte U. bank bietet Finanzdienstleistungen an und hat unter ihrer Internetadresse www.u.de am 5.11.2012 einen "Genussschein S ..." beworben (Anlage K1).

Der Kläger sieht in dem Angebot Verstöße gegen die verbraucherschützenden Normen der § 31 Abs. 2 WpHG, § 4 Abs. 1, Abs. 2 WpDVerOV und macht daher auf § 2 Abs. 7 UKlaG bzw. § 4 Nr. 11 UWG gestützte Unterlassungsansprüche geltend. Hilfsweise begründet es sein Unterlassungsbegehren mit einer Verletzung der §§ 5, 5a UWG. Er beanstandet zwei Textpassagen in der Produktbeschreibung. Der Abschnitt unter der Überschrift "Sicherheiten" entspreche nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 1, Abs. 2 WpDVerOV, zum einen weil die Darstellung der dort angegebenen Projektsicherheiten nicht in einer für den angesprochenen Kunden verständlichen Art erfolgt sei, zum anderen, weil diese als Vorteil herausgestellt würden, ohne entsprechenden Hinweis auf damit einhergehende Risiken. Letzteres gelte auch für die im darauf folgenden Abschnitt hervorgehobene besondere Verzinsung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Das LG hat dem Unterlassungsbegehren nur hinsichtlich der Textpassage unter der Überschrift "Sicherheiten" stattgegeben, ohne allerdings die (zusätzlich beantragte) Unterlassung des unzureichenden Risikohinweises aufzunehmen und die Klage hinsichtlich der Darstellung der Verzinsung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die Werbung mit dem streitgegenständlichen Abschnitt "Sicherheiten" verstoße die Beklagte gegen § 31 Abs. 2 WpHG i.V.m. § 4 Abs. 1 WpDVerOV und damit gegen verbraucherschützende Vorschriften i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 7 UKlaG. Sie hebe als Besonderheit ihres Produkts Projektsicherheiten im Rang nach der fremdfinanzierenden Bank hervor. Diese vom angesprochenen Adressaten als Vorteil empfundene Besonderheit werde nicht hinreichend erläutert. Außerdem werde nicht ...

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