Leitsatz (amtlich)

›1. Zur Höhe des Schmerzensgeldes für Eltern, deren drei - einzige - Kinder bei einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall getötet wurden (Schockschäden).

2. Die Höhe des Schmerzensgeldes ist für jeden Elternteil unterschiedlich zu bemessen, je nachdem, wie schwer der Tod der Kinder den einzelnen Elternteil seelisch und körperlich beeinträchtigt.‹

3. a) 60000 DM [30000 EUR] Schmerzensgeld für einen Mann (Vater) aus Verkehrsunfall wegen eines Schocks und schwerster Depressionen mit einer MdE von 100 % bis auf weiteres.

Psychiatrische Behandlung mit mehreren Klinik-Aufenthalten dauert auch neun Jahre nach dem Unfall von an.

b) 30000 DM [15000 EUR] Schmerzensgeld für eine Frau (Mutter) aus Verkehrsunfall wegen eines Schocks und schwerster Depressionen.

Die Geschädigte mußte ihre berufliche Tätigkeit einschränken, um ihren Ehemann zu betreuen, verlor nach einiger Zeit deshalb den Arbeitsplatz.

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 30.12.1994; Aktenzeichen 1 O 936/92)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.03.2000; Aktenzeichen 1 BvR 1127/96)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im wesentlichen noch um die Frage, ob die Kläger, ein Ehepaar, wegen der seelischen Folgen eines schweren Unfalls, bei dem ihre drei Kinder sowie der Freund einer ihrer Töchter ums Leben gekommen sind, von dem Beklagten zu 1), der für den Unfall verantwortlich ist, und von der Beklagten zu 2), dem Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1), ein zusätzliches Schmerzensgeld verlangen können.

Der Unfall trug sich am 13. Juli 1986 nachts gegen 2.27 Uhr auf einer Kreuzung der Kreisstraße zwischen und zu. Die drei Kinder der Kläger im Alter zwischen damals 18 und 20 Jahren sowie der Freund einer der Töchter der Kläger befanden sind auf dem Heimweg von dem Besuch einer Diskothek; ihr Wagen wurde von dem Freund einer der Töchter der Kläger gesteuert. Auf der genannten Kreuzung kam es zu dem folgenschweren Unfall, weil der Beklagte zu 1) unter Alkoholeinfluß mit einer Geschwindigkeit zwischen 100 und 110 Stundenkilometer unter Mißachtung eines Stopschildes auf die bevorrechtigte Kreisstraße fuhr, wo er mit dem Wagen zusammenstieß, in dem sich die Kinder der Kläger und der Freund einer der Töchter befanden. Alle Insassen dieses Wagens wurden getötet. Der Beklagte zu 1) wurde aus diesem Grunde durch das Jugendschöffengericht in K. durch Urteil vom 9. April 1987 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil von den Klägern als Nebenklägern eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg.

Die Kläger verhandeln seit 1986 mit der Beklagten zu 2) über die Regulierung des schweren Unfalls. Die Beklagte zu 2) lehnte zunächst jede Ersatzpflicht ab, weil der Verdacht bestand, daß der Beklagte zu 1) vorsätzlich gehandelt hatte. Im Strafverfahren konnte ihm jedoch nur fahrlässiges Handeln nachgewiesen werden. Im vorliegenden Rechtsstreit schlossen die Parteien schließlich am 7. Dezember 1994 einen Teilvergleich, durch den sich die Beklagte zu 2) verpflichtete, über die bereits erbrachten Zahlungen zur Abgeltung der materiellen Schäden der Kläger hinaus weitere 90.000, -- DM zu zahlen (Bl. 281 d. A.). Seitdem dreht sich der Streit der Parteien nur noch um das von den Klägern verlangte hohe Schmerzensgeld, da die Beklagte zu 2) am 20. Mai 1992 zunächst an die Kläger nur 10.000, -- DM Schmerzensgeld zahlte, während die Kläger Beträge in einer Größenordnung zwischen 120.000, -- DM und 150.000, -- DM für angebracht halten. Kurz vor Beendigung des Berufungsrechtsstreits hat die Beklagte zu 2) an den Kläger zu 1) weitere 20.000, -- DM und an die Klägerin zu 2) weitere 10.000, -- DM als Schmerzensgeld gezahlt, so daß der Kläger zu 1) bisher insgesamt 30.000, -- DM und die Klägerin zu 2) 20.000, -- DM als Schmerzensgeld erhalten haben.

Der unverschuldete Unfalltod ihrer drei Kinder hatte bei beiden Klägern schwerste physische und psychische Folgen, die bis heute nicht abgeklungen sind, sondern sich nach Behauptung der Kläger ständig weiter verschärfen. Vor allem der Kläger zu 1) befindet sich seit dem Unfall in psychiatrischer Behandlung, die wiederholte lange Klinikaufenthalte in erforderlich machte. Der Kläger, der früher als Koch tätig war, ist nach seiner Behauptung inzwischen arbeitsunfähig. Auch die Klägerin zu 2) hat ihre berufliche Tätigkeit, nicht zuletzt wegen der erforderlich gewordenen Betreuung ihres Ehemannes, des Klägers zu 1), erheblich eingeschränkt und weitgehend den Kontakt zu ihrer Umwelt verloren. Im Jahre 1995 ist ihr schließlich wegen ihrer ständigen Krankheit von ihrem bisherigen Arbeitgeber gekündigt worden (s. Bl. 356 d. A.).

Der Streit der Parteien drehte sich über viele Jahre vor allem um die Frage, welcher Sachverständige herangezogen werden soll, um die Unfallfolgen bei den Klägern zu beurteilen. Eine Einigung hierüber gelang erst im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits.

Die Kläger haben behauptet, der Unfalltod ihrer Kinder habe bei ihnen schwerste, fortwirkende, materielle und immaterielle Schäde...

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