Leitsatz (amtlich)

1. Bedarf nach der Teilungserklärung gemäß § 12 Abs. 1 WEG die Veräußerung von Wohnungseigentum der Zustimmung der Wohnungseigentümer oder Dritter (etwa des Verwalters), dann gilt dies auch für die Überlassung und Auflassung des der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zustehenden Wohnungseigentums an eines ihrer Mitglieder (im Anschluss an BayObLG Rpfleger 1982, 177).

2. Das Zustimmungserfordernis nach § 12 Abs. 1 WEG wird grundsätzlich auch dann ausgelöst, wenn der Erwerber als Miterbe bereits der Wohnungseigentümergemeinschaft angehört (im Anschluss an BayObLG Rpfleger 1982, 177; KG MDR 2011, 718; OLG Karlsruhe ZWE 2012, 490).

3. Sieht die Teilungserklärung eine Ausnahme von diesem Zustimmungserfordernis für Veräußerungen an Verwandte bestimmten Grades des Veräußerers vor, dann greift diese Ausnahme auch dann, wenn das erwerbende Mitglied zu den übrigen Mitgliedern der Miterbengemeinschaft diesen Verwandtschaftsgrad aufweist.

 

Normenkette

BGB § 137 S. 1; WEG § 12 Abs. 1, 3; GBO § 20

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen S.-3...)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin E. M.. B.. wird die Zwischenverfügung des AG Nürnberg - Grundbuchamt - vom 27.03.2015 aufgehoben.

2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. 1. Im Grundbuch (Wohnungsgrundbuch) des AG Nürnberg für S. Bd... Bl. 3... sind H. V. B., P. O... B. und E. M. B. in Erbengemeinschaft als Eigentümer des 12,59/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück S., K ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Haus B/I, I. Obergeschoss Mitte samt Keller- und Bodenabteil, Aufteilungsplan Nr. 31, eingetragen.

Mit notariellem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 20.01.2015 (Notar B. in F. URNr...2015) veräußerten H. V. B., P. O. B. und E. M. B. in Erbengemeinschaft zum Zweck der Erbauseinandersetzung vorgenannte Eigentumswohnung zum Alleineigentum an E. M. B. (die Tochter des H. V. B. und Schwester des P. O. B.). Die Vertragsparteien erklärten, über den Eigentumsübergang auf den Erwerber im angegebenen Berechtigungsverhältnis einig zu sein und erteilten dem Notar die unwiderrufliche und unbedingte Vollmacht, die Eintragungsbewilligung wegen des Eigentumsübergangs abzugeben. Die Urkunde wurde am 04.02.2015 zum Vollzug vorgelegt.

2. Mit der angefochtenen Zwischenverfügung vom 27.03.2015 beanstandete das Grundbuchamt das Fehlen einer gemäß § 12 Abs. 1 WEG erforderlichen Zustimmung des Verwalters und setzte eine Frist bis 27.04.2015 zur Behebung des Hindernisses.

3. Gegen diese am 02.04.2015 zugestellte Zwischenverfügung legte der Urkundsnotar namens der Erwerberin mit Schreiben vom 20.04.2015, bei Gericht eingegangen am 21.04.2015, Beschwerde ein. Er wies darauf hin, dass die beantragte Eintragung aufgrund der Ausnahme in der Teilungserklärung vom 28.01.1970 (wonach das Zustimmungserfordernis des Verwalters nicht besteht für eine Veräußerung unter anderem an den Ehegatten des Veräußerers oder an Personen, die mit ihm in gerader Linie verwandt sind oder Verwandte 2. Grades in der Seitenlinie) auch ohne Zustimmung des Verwalters vorzunehmen sei.

4. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist zulässig (§ 71 Abs. 1 GBO). Sie ist auch begründet, weil das in der angefochtenen Zwischenverfügung vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht besteht.

1. Gemäß § 12 Abs. 1 WEG kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Verfügung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Eine entsprechende Regelung in der Teilungserklärung steht einer Vereinbarung nach § 12 Abs. 1 WEG gleich (vgl. BayObLG Rpfleger 1982, 177). Soweit demnach die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist, ist eine Veräußerung des Wohnungseigentums schwebend unwirksam, solange die Zustimmung nicht erteilt ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1 WEG). Das Grundbuchamt hat somit von Amts wegen zu prüfen, ob zum Vollzug einer ein Wohnungseigentum betreffenden Auflassung eine solche Zustimmung erforderlich ist (vgl. § 20 GBO) und - wenn dies der Fall ist - auf deren Vorlage durch Zwischenverfügung hinzuwirken. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts bedarf das vorliegende Übertragungsgeschäft jedoch nicht der Zustimmung des Verwalters.

a) Allerdings geht das Grundbuchamt zu Recht davon aus, dass das dem beantragten Eigentumsübertragung zugrunde liegende Rechtsgeschäft eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG darstellt. Unter Veräußerung von Wohnungseigentum ist dessen rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden zu verstehen. Hierunter fällt auch die Überlassung und Auflassung des der Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zustehenden Wohnungseigentums an eines ihrer Mitglieder (vgl. BayObLG Rpfleger 1982, 177).

Das auf der Grundlage des § 12 Abs. 1 WEG in einer Teilungserklärung angeordnete Zustimmungserfordernis bei Veräußerungen von Wohneigentum beschränkt d...

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