Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anordnung einer Umgangspflicht des nichtehelichen Vaters

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen den nicht sorgeberechtigten Elternteil erfolgt keine Anordnung zum Umgang mit seinem Kind, wenn dieser beharrlich den Umgang verweigert.

 

Normenkette

BGB § 1684 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Regensburg (Beschluss vom 12.04.2006; Aktenzeichen 205 F 1218/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.05.2008; Aktenzeichen XII ZB 225/06)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - FamG - Regensburg vom 12.4.2006 aufgehoben. Der Antrag, den Antragsgegner zum regelmäßigen Umgang mit seinem Sohn zu verpflichten, wird zurückgewiesen.

II. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

V. Beiden Parteien wird Prozesskostenhilfe bewilligt.

 

Gründe

Der Antragstellerin wird Rechtsanwältin dem Antragsgegner Rechtsanwalt beigeordnet. Gleichzeitig wird angeordnet, dass der Antragsgegner auf die Prozesskosten monatliche Raten von 300 EUR zu erbringen hat, die im Anschluss an die Ratenzahlung fällig werden, die mit Be-schluss des AG - FamG - Regensburg vom 23.12.2005 angeordnet wurden.

Der Antragsgegner ist verheiratet und hat zwei ehelich geborene Kinder, die 15 bzw. 26 Jahre alt sind.

Darüber hinaus ist der Antragsgegner Vater des am 30.11.2001 geborenen Kindes SBBBBSK das aus einer außerehelichen Beziehung mit der Antragstellerin hervorgegangen ist.

Diese Beziehung endete schon vor der Geburt von Hüllt Zu dem Kind hatte der Antragsgegner nur bis August 2002 gelegentlichen Kontakt.

Die Antragstellerin möchte erreichen, dass der Antragsgegner regelmäßigen Umgang mit dem gemeinsamen Kind ausübt. Der Antragsgegner lehnt einen solchen Umgang nachdrücklich ab.

Das AG - FamG - Regensburg hat nach Anhörung der Parteien und des Jugendamtes am 12.4.2006 einen Beschluss erlassen, mit dem der Antragsgegner zur Ausübung des Umgangsrechtes gezwungen werden soll, zunächst allerdings in der Weise, dass eine Umgangsanbahnung in Begleitung durch die Familienberatungsstelle am AG Regensburg stattfindet. Der Umgang soll ggf. ausgeweitet werden. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil nach § 1684 Abs. 1 BGB zum Umgang mit einem gemeinsamen Kind verpflichtet sei und deswegen dazu gezwungen werden kann. Dem Umgangsrecht des Kindes gebühre der Vorrang vor dem Recht des Vaters auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit bzw. dem Schutz seiner Ehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Vaters, der ausführt, dass der erzwungene Umgang nicht dem Wohle des Kindes diene und nicht zwangsweise durchgeführt werden könne. Er selbst lehne einen Umgang entschieden ab und auch seine Frau widersetze sich vehement einer derartigen Regelung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss (Blatt 87-91 d.A.), die gewechselten Schriftsätze und die Stellungnahme des Jugendamtes Bezug genommen.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Im vorliegenden Verfahren hat der Senat die Sach- und Rechtslage in seinem die Gewährung von Prozesskostenhilfe betreffenden Beschluss vom 16.11.2005 (Blatt 55-58 d.A.) ausführlich dargelegt. Er hat darauf hingewiesen, dass die Frage, ob der nicht sorgeberechtigte Elternteil nach § 1684 Abs. 1 BGB zum Umgang mit einem gemeinsamen Kind gezwungen werden kann, nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die Ausführungen und die zahlreichen Zitate nimmt der Senat deswegen Bezug. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist, soweit ersichtlich, noch nicht ergangen.

Das BVerfG hat allerdings in einer nach Erlass des Beschlusses ergangenen Entscheidung eingehend zu Umgangsrecht und Umgangspflicht Stellung genommen (vgl. BVerfG in BVerfG v. 8.12.2005 - 2 BvR 1001/04, FamRZ 2006, 187). Es hat ausgeführt, der Gesetzgeber habe durch das KindRG die familienrechtlichen Rahmenbedingungen verändert. Nach § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB gehöre zum Wohle des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB habe das Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Jeder Elternteil sei zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Das bis dahin lediglich als Elternrecht ausgestaltete Umgangsrecht solle in der Neufassung des § 1684 BGB einen Bewusstseinswandel bei den Eltern bewirken, dass sie nicht nur ein Recht auf Umgang haben, sondern im Interesse des Kindes auch die Pflicht, diesen Umgang zu ermöglichen. Die gesetzliche Umgangspflicht solle die Eltern darauf hinweisen, dass der Umgang mit ihnen, auch und gerade wenn das Kind nicht bei ihnen lebt, für die Entwicklung und das Wohl des Kindes eine herausragende Bedeutung habe.

Hinzuzufügen ist allerdings, dass die Entscheidung des BVerfG eine Fallgestaltung betrifft, in der der nicht sorgeberechtigte Vater Interesse an dem Umgang hat. In einer früheren Entscheidung vom 30.1.2002 (BVerfG v. 30.1.2002 - 1 BvR 2222/01, FamRZ 2002,...

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