Leitsatz (amtlich)

Für die Entscheidung über einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Lärmimmissionen, die von einem Fahrschulübungsplatz ausgehen, für den der hoheitlich handelnde Grundeigentümer eine Sondernutzungserlaubnis erteilt hat, ist der Rechtsweg nicht zu den ordentlichen Gerichten, sondern zu den VG eröffnet.

 

Normenkette

BGB §§ 906, 1004; ZPO § 485; VwGO § 40; GVG §§ 13, 17a Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 21.05.2013; Aktenzeichen 4 OH 553/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsstellers wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 21.5.2013 (Az. 4 OH 553/13) geändert:

Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das Bayerische VG Ansbach verwiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Lärmimmissionen, die von einem benachbarten Fahrschulübungsplatz ausgehen. Die Antragsgegnerin, die Bundesrepublik Deutschland, ist Eigentümerin dieses Grundstücks und hat den örtlichen Fahrschulen die Sondernutzungserlaubnis zum Zweck der Fahrschulausbildung und zur Anlage eines Verkehrsparcours für Motorräder auf diesem Grundstück erteilt.

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 21.5.2013 den Antrag des Antragstellers auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet sei, die Voraussetzungen des § 485 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO nicht vorlägen und der Antrag darüber hinaus als Beweisermittlungsantrag unzulässig sei.

Gegen diesen, seinen Prozessbevollmächtigten am 31.5.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12.6.2013 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 12.6.2013 mit der er den Erlass des beantragten Beweisbeschlusses begehrt. Hilfsweise beantragt er die Verweisung nach § 281 ZPO an das VG Ansbach.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2) und auch im Übrigen form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) erhoben. Sie führt zur Verweisung an das VG Ansbach gem. § 17a Abs. 2 GVG.

Zutreffend geht das LG davon aus, dass ein Antrag nach § 485 ZPO die Zulässigkeit des Rechtswegs voraussetzt. Dies ergibt sich letztlich auch aus § 486 ZPO. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn ein Hauptsacheantrag noch nicht anhängig ist, der Antrag bei dem Gericht zu stellen, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre. Diese Vorschrift betrifft nicht nur die sachliche und örtliche Zuständigkeit, sondern auch den Rechtsweg.

Entgegen der Auffassung des Antragsstellers handelt es sich bei der (beabsichtigten) Abwehr von Lärmimmissionen, die von einem Fahrschulübungsplatz ausgehen, um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, § 40 VwGO und nicht um eine bürgerliche Streitigkeit i.S.d. § 13 GVG, so dass die Zuständigkeit der VG gegeben ist. Das Gelände des (störenden) Fahrschulübungsplatzes, dessen Eigentümerin die Bundesrepublik Deutschland ist, ist aufgrund Planfeststellungsbeschlusses vom 14.7.1969 und Ergänzung vom 31.8.1970 öffentlich gewidmet. Die Zulassung der Nutzung als Fahrschulübungsplatz erfolgte gegenüber den ortsansässigen Fahrschulen durch Verwaltungsakt (Sondernutzungserlaubnis vom 3.5.2012 - Anlage AG 1) nach § 8 Abs. 1 FStrG.

Der Antragsteller erstrebt mit der beabsichtigten Hauptsacheklage die Reduzierung der Lärmimmissionen oder die vollständige Einstellung der Nutzung des Fahrschulübungsplatzes. Da dieses Ziel nur durch eine Änderung (Aufhebung, Widerruf, Auflage) des von der Antragsgegnerin erlassenen begünstigenden Verwaltungsaktes (Sondernutzungserlaubnis) erreicht werden könnte, würde die Vollstreckung eines stattgebenden Urteils zur Aufhebung oder Änderung einer hoheitlichen Maßnahme führen. Damit ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (BGHZ 41, 264 -Leitsatz).

Zwar ist es richtig, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümerin und damit aufgrund eines zivilrechtlichen Anspruchs nach §§ 906, 1004 BGB als Zustandsverantwortliche in Anspruch nehmen will. Dieser Begründungsansatz führt allerdings weder zu unterschiedlichen Klagezielen noch zu unterschiedlichen Rechtswegen, da der Streitgegenstand identisch ist. Dem Antragsteller geht es um die Abwehr der vom Nachbargrundstück herrührenden Immissionen. Auf welche rechtlichen Gesichtspunkte der behauptete Anspruch gestützt werden könnte, ist nicht bei der Bestimmung des Streitgegenstandes, sondern erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu erörtern (VGH Bay. 22 ZB 03.2451 Rz. 15 zitiert nach juris). Denn das Gericht des zulässigen Rechtswegs entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, § 17 Abs. 2 S. 1 GVG.

Auf die Beschwerde des Antragstellers war deshalb gem. § 17a Abs. 2 GVG die Unzulässigkeit des ...

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