Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 07.07.2006; Aktenzeichen 3 O 60/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.07.2008; Aktenzeichen II ZR 26/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7.7.2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Dessau unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Das Versäumnisurteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Dessau vom 19.10.2005 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte zur Zahlung von 91.514,48 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.3.2005 verurteilt ist.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert der Berufung wird auf 92.741,98 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Leseabschrift Bd. II Bl. 92 ff. d.A.). Soweit das LG die "F. GmbH H." erwähnt, ist erkennbar die F. - Berufliches Weiterbildungsinstitut GmbH, Sitz H." gemeint.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie verfolgt ihren Klageabweisungsantrag weiter und stellt das Urteil des LG "in vollem Umfange zur Überprüfung durch das Berufungsgericht". Sie rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs und trägt hierzu vor, das LG habe ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen, sie habe keine eigentümerähnliche Stellung (an der Insolvenzschuldnerin) inne gehabt. Das Stehen lassen der Tantiemen sei nicht wie die Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens zu betrachten. Sie - die Beklagte - sei im Zeitpunkt der Krise der Insolvenzschuldnerin nicht mehr Gesellschafterin gewesen. Der Erwerb nicht verkehrsfähiger Aktien an der Muttergesellschaft G. AG führe ebenfalls nicht zur Anwendbarkeit der zu eigenkapitalersetzenden Darlehen entwickelten Grundsätze. Bestimmenden Einfluss auf die jeweilige Gesellschaft habe sie nicht gehabt. Zudem sei die Insolvenzschuldnerin ein sehr solventes Unternehmen gewesen, das über lukrative Aufträge verfügt habe. Der Forderungsausfall hätte innerhalb des Konzernverbundes ausgeglichen werden können. Der Auftrag des R. und die Gestellung von Personal hätte innerhalb eines Jahres sämtliche Belastungen der Muttergesellschaft und deren Ausfall kompensiert. Das reine Stehen lassen der Tantiemen sei daher als Ausdruck des Vertrauens in die Gesellschaft zu werten. Jedenfalls hätten die nachweisbar erbrachten Zahlungen bei der Berechnung eines Anspruches aus § 64 Abs. 2 GmbHG abgezogen werden müssen, die jeder pflichtgemäß handelnde vorläufige Insolvenzverwalter ebenfalls hätten leisten müssen. So hätte auch der vorläufige Insolvenzverwalter Bücher für die laufenden Lehrgänge im Auftrag des Arbeitsamtes beschaffen und den Kopierer in H. zur Erstellung der Lehrgangsunterlagen beibehalten müssen. Vor allem die Ausgaben, die bereits vor der Krise der Insolvenzschuldnerin veranlasst wurden, brauchen sie nicht zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, das am 7.7.2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Dessau abzuändern, das Versäumnisurteil vom 19.10.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LG Dessau zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Soweit die Beklagte möglicherweise zum Ausdruck bringen wolle, der von ihr für den Verkauf des Kfz M. erzielte Kaufpreis von 11.500 EUR sei direkt für die Begleichung einer Rechnung vom 24.8.2004 über 11.600 EUR verwendet worden, habe sie diese Zahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin geleistet und deshalb zurückzuerstatten. Der Entlastungsbeweis nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG sei ihr nicht gelungen. Soweit sich die Beklagte auf Aufwendungsersatzansprüche berufe, komme es nicht darauf an, ob ihre Leistungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes i.S.d. § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vereinbar waren, da einer Aufrechnung der Aufwendungsersatzansprüche gegen seine, des Klägers Forderungen die Einrede der Anfechtbarkeit entgegen stehe. Zur Zeit der Entstehung der Aufrechnungslage habe die Beklagte bereits Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gehabt. Die Aufrechnungslage sei innerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin entstanden. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass das LG die Beklagte im Hinblick auf die Aufrechnung mit Tantiemeforderungen einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt und die Regeln des Eigenkapitalersatzes angewandt habe. Nach dem Erwerb von 1.372.000 Aktien der G. AG St. am 30.12.2003 sei die Beklagte Inhab...

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