Leitsatz (amtlich)

1. Ein Steuerberater, der seinem Klienten aus steuerlichen Gründen zu einer bestimmten Geldanlage rät, muss diesen auch über steuerliche Fragen hinaus über die wesentlichen Risiken der empfohlenen Anlageform aufklären und haftet grundsätzlich für eine fahrlässig falsche Anlageberatung im Rahmen des Mandatsverhältnisses.

2. Für die Frage, ob die gesetzliche Verjährungsregelung des § 68 StBG auf vertragliche Schadensersatzansprüche Anwendung findet, kommt es nicht auf die Schwere der Pflichtverletzung des Steuerberaters an. Erst wenn die Grenze deliktischen Handelns überschritten wird, richtet sich die Verjährung nach § 852 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Urteil vom 07.11.2001; Aktenzeichen 23 O 360/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 7.11.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Stendal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch eine unbedingte und unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen einer gescheiterten Kapitalanlage, in die er zum Zwecke der Steuerersparnis investiert hat.

Der Kläger, der sich am 1.7.1994 als Kfz-Sachverständiger selbstständig gemacht hatte, war bis zum 31.12.1995 Mandant des Steuerberatungsbüros des Beklagten zu 1), dessen Angestellte der Beklagte zu 2) war. Im Herbst 1995 kam es in den Räumen des Steuerberater-büros zu Gesprächen mit dem Kläger über Möglichkeiten, die zu erwartende Steuerbelastung des Klägers zu verringern. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Beteiligung des Klägers an dem Projekt „H. GbR „ erörtert. Hierbei handelt es sich um eine Beteiligungsgesellschaft, die geplant hatte, eine Hotel- und Ferienwohnanlage in B. auf der Insel R. zu errichten und zu betreiben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Emissionsprospektes (Bd. I Bl. 9 – 22 d.A.) Bezug genommen. Laut Emissionsprospekt sollte in den Jahren 1994 und 1995 eine Verlustzuweisung von 160 % erfolgen und ab dem Jahr 1996 mit der ersten Rendite zu rechnen sein. Sowohl der Beklagte zu 1) als auch der Kläger beteiligten sich an der GbR. Beiden war nicht bekannt, dass eine Baugenehmigung für das geplante Vorhaben nicht erteilt worden war und der Bebauungsplan die geplante dreigeschossige Bauweise nicht vorsieht. Teile der erworbenen Bauflächen waren außerdem kein Bauland. Die Erschließungswege waren unklar, so dass ein Baubeginn schon 1996 nicht möglich war. Aus diesem Grund kam es auch nicht zu den prospektierten Abschreibungen in den Jahren 1994 und 1995. Inzwischen ist die GbR überschuldet, und das Projekt soll nicht mehr durchgeführt werden. Die GbR versucht, die Baugrundstücke zu veräußern, was bisher jedoch auf Grund der stark gesunkenen Immobilienpreise nicht möglich war.

Der Kläger hat die Beklagten für den ihm entstandenen Schaden verantwortlich gemacht und behauptet, sie hätten ihm gegenüber die Beteiligung an der GbR als vollkommen risikolos dargestellt. Außerdem behauptet der Kläger, dass der Beklagte zu 2) für die Vermittlung der Anlage eine Provision von 12 % seiner Beteiligungssumme und damit 6.000 DM erhalten habe, während der Beklagte zu 1) als Belohnung für die Vermittlung des Klägers das Agio seiner eigenen Zeichnung von 80.000 DM und damit 4.000 DM nicht habe zahlen müssen. Um in den Genuss dieser Vorteile zu gelangen, hätten die Beklagten dem Kläger eine risikobehaftete Anlage empfohlen, ohne diese zu prüfen oder ihn auf die Risiken hinzuweisen. Der Beklagte zu 1), so hat der Kläger gemeint, hafte deshalb ihm gegenüber als Garant, da er als Steuerberater einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Der Beklagte zu 2) hafte zwar nicht aus dem Steuerberatervertrag, wohl aber nach den Grundsätzen der Prospekthaftung; denn mit dem Beklagten zu 2) sei – so meint der Kläger – stillschweigend ein Auskunftsvertrag geschlossen worden, der die Grundlage für eine eigene Haftung des Beklagten zu 2) bilde.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 31.500 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. gegenüber den Beklagten festzustellen, dass diese gesamtschuldnerisch für sämtliche Vermögensschäden des Klägers haften, die ihm durch seine Beitrittsvereinbarung vom 15.12.1995 zu der H. GbR erwachsen;

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verpflichten, ihn von sämtlichen Verpflichtungen aus seinem unmittelbaren oder mittelbaren Mitgliedschaftsverhältnis zur H. GbR selbstschuldnerisch freizustellen und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge