Leitsatz (amtlich)

Selbst wenn bei einer Hausratsversicherung wegen eines behaupteten Einbruchsdiebstahls nicht feststeht, ob überhaupt und, wenn ja, welche konkreten Gegenstände entwendet wurden, kann der Versicherer dennoch für die Beschädigung einer Eingangstür wegen eines versuchten Einbruchsdiebstahl einstandspflichtig sein.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 04.11.2011; Aktenzeichen 4 O 803/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Dessau-Roßlau vom 4.11.2011 - 4 O 803/10, unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des LG Dessau-Roßlau vom 25.1.2011 - 4 O 803/10, bleibt insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 1.856,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.1.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird das vorbezeichnete Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 92 % und die Beklagte zu 8 % mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten in erster Instanz verursachten Kosten, die diese allein zu tragen hat.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte, bei der sie eine Hausratversicherung auf der Grundlage der Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 2002) unterhält, wegen eines zwischen den Parteien umstrittenen Wohnungseinbruchdiebstahls in Anspruch.

Die Klägerin hat behauptet, am 21.6.2010 zwischen 12:45 Uhr und 17:00 Uhr sei in ihre eheliche Wohnung im ersten Obergeschoss des Mehrfamilienhauses in der W. S. Straße 81 eingebrochen worden. Die unbekannten Täter hätten die Wohnungseingangstür aufgebrochen, wodurch ein Schaden von 1.856,40 EUR entstanden sei, und anschließend außer einem Bargeldbetrag von 4.550,- EUR vor allem Schmuck, Münzen und weitere wertvolle, im Einzelnen in einer Auflistung erfasste Gegenstände (Anlage K 4, Bl. 6 - 18 AB) entwendet.

Am 25.1.2011 ist antragsgemäß im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil des LG Dessau-Roßlau zugunsten der Klägerin ergangen, mit dem die Beklagte zur Zahlung von 20.146,33 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.11.2010 verurteilt worden ist (Bl. 7 Bd. I d.A.). Gegen dieses ihr am 1.2.2011 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt und diesen begründet.

Die Klägerin hat beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat einen Einbruchdiebstahl in Abrede gestellt und behauptet, es lägen keine stimmigen Einbruchspuren vor. Im Übrigen hat sie bestritten, dass sich die als entwendet angegebenen Gegenstände vor dem angeblichen Diebstahl in der Wohnung der Klägerin befunden haben bzw. danach dort nicht mehr auffindbar gewesen seien.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 86 - 87 Bd. I d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat Beweis durch Vernehmung des Zeugen A. B. und Anhörung der Klägerin erhoben (Sitzungsprotokoll vom 11.10.2011, Bl. 73 - 76 d.A.), das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 4.11.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es seien erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen B. wie auch an der Glaubwürdigkeit seiner Person verblieben, weshalb bereits das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls nicht erwiesen sei. Auf die weiteren Ausführungen des LG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 88 - 91 Bd. I d.A.) wird verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie vor allem Verfahrensfehler rügt, die dem LG unterlaufen seien, und dessen Beweiswürdigung als verfehlt und nicht überzeugend kritisiert.

Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.146,33 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Im Übrigen wird von der Darstellung des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO Abstand genommen.

II. Der gem. § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthaften und auch sonst formell zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegten und begründeten Berufung bleibt bis auf den i.H.v. 1.856,40 EUR geltend gemachten Ersatz für die beschädigte Wohnungseingangstür ein Erfolg in der Sache versagt.

Der Klägerin ist es nicht gelungen, den für einen Einbruchdiebstahl erforderlichen Nachweis zu erbringen, dass sich die von ihr als entwendet angegebenen Gegenstände vor dem Einbruch in ihrer Wohnung befanden und danach fehlten, weshalb ein Ersatzanspruch hierfür ausscheidet (1). Hingegen ist nach dem Ergeb...

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