Leitsatz (amtlich)

1. Ob ein Käufer nach der Ausübung seines Wahlrechts unter mehreren verschiedenen Gewährleistungsrechten - hier nach (unwirksamer) Erklärung des Rücktritts - an diese Auswahl gebunden ist oder nachträglich noch ein anderes Gewährleistungsrecht geltend machen darf - hier: Rückkehr zum Erfüllungsanspruch in Form der Nachbesserung - ist im Gesetz nicht unmittelbar geregelt.

2. Der (Nach-) Erfüllungsanspruch des Käufers erlischt erst durch eine berechtigte Rücktrittserklärung; scheitert das Rücktrittsverlangen aus formellen Gründen und kommt es deswegen nicht zu einer Umwandlung des Vertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis, so bleibt dem Käufer der Erfüllungsanspruch erhalten.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 18.10.2013; Aktenzeichen 5 O 87/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.10.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Halle wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil des LG sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Klägerin, Inhaberin eines Möbelhauses, begehrt von den Beklagten die Zahlung des restlichen Kaufpreises für die Lieferung und Übereignung einer im Januar 2011 von den Beklagten bestellten, individuell für sie angefertigten und im März 2012 von der Klägerin gelieferten Couchgarnitur, bestehend aus einem Dreisitzer, einem Zweisitzer und einem (aufklappbaren) Hocker.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das LG hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises i.H.v. 8.457 EUR nach §§ 651 S. 1 i.V.m. 433 Abs. 2, 421 BGB hat; dem Anspruch steht der auf die Ausübung von Gewährleistungsrechten gestützte Rücktritt der Beklagten nicht entgegen.

I. Die Voraussetzungen für die Begründung eines Anspruchs auf Kaufpreiszahlung i.S.v. § 433 Abs. 2 BGB liegen vor.

1. Zwischen den Prozessparteien kam im Januar 2011 ein Kaufvertrag über eine individuell anzufertigende Couchgarnitur zu einem Gesamtpreis i.H.v. 13.457 EUR zustande. Nach dem Inhalt des Vertrags waren beide Beklagten gemeinsam die Besteller der Couch.

2. Die Klägerin lieferte die Couchgarnitur am 16.3.2012 und übereignete sie an die Beklagten.

II. Der Kaufvertrag wurde durch die Rücktrittserklärungen der Beklagten nicht in ein wechselseitiges Rückgewährschuldverhältnis i.S.v. § 346 Abs. 1 BGB umgewandelt.

1. Allerdings haben die Beklagten den Rücktritt mehrfach erklärt; hinsichtlich des in der Klageerwiderung bzw. im Schriftsatz vom 13.11.2013 erneut erklärten Rücktritts waren die formellen Voraussetzungen jeweils auch erfüllt.

a) Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der mit E-Mail vom 21.3.2012 erklärte Rücktritt schon deswegen unwirksam war, weil die Beklagten der Klägerin keine Gelegenheit zur Nachbesserung eingeräumt hatten. Die Rücktritts- bzw. Wandelungserklärung erfolgte zugleich mit der Mängelanzeige. Die Beklagten unterließen die nach §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB erforderliche vorherige (und erfolglos bleibende) Aufforderung an die Klägerin, die mangelhafte Leistung innerhalb einer angemessenen Frist nachzubessern. Vielmehr war ihre Erklärung der Wandelung mit einer eindeutigen Ablehnung jeglicher Reparaturen oder sonstiger weiterer Diskussionen verbunden. Gründe i.S.v. §§ 323 Abs. 2 bzw. 440 BGB, welche eine solche Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich machen könnten, lagen zu diesem Zeitpunkt nicht vor.

b) Die mit der Klageerwiderung vom 2.5.2013 abgegebene erneute Rücktrittserklärung war entgegen der Auffassung des LG in formeller Hinsicht wirksam, worauf der Senat bereits in seinem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 12.6.2014 hingewiesen hat. Soweit sich die Beklagten hierbei auf unstreitig bereits zuvor angezeigte Mängel beriefen, hatten sie im April 2012 das Angebot der Klägerin auf kostenfreien Austausch der Matratzenauflage beider Sofas angenommen, jedoch auch den nachgebesserten Zustand der Sitzmöbel als mangelhaft beanstandet und schließlich mit Schriftsatz vom 27.2.2013 (höchstvorsorglich) zur Nachbesserung innerhalb einer Frist bis zum 14.3.2013 aufgefordert; diese Frist war erfolglos verstrichen.

c) Soweit die Rücktrittserklärung vom 2.5.2013 auf weitere angebliche Sachmängel gestützt wurde, welche die Beklagten zuvor gegenüber der Klägerin nicht angezeigt hatten bzw. für deren Anzeige sie beweisfällig geblieben sind, holten die Beklagten die Aufforderung zur Nachbesserung mit angemessener Fristsetzung mit Schriftsatz vom 1.10.2013 nach und wiederholten sodann die Rücktrittserklärung mit Schriftsatz vom 13.11.2013.

d) Das Recht der Beklagten, bei einem Vorliegen ...

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