Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Hauptprozessbevollmächtigte einer Prozesspartei den Termin der mündlichen Verhandlung nicht selbst wahrgenommen, sondern stattdessen einen Vertreter mit Termins-Untervollmacht entsandt, dann ist hinsichtlich der Reisekosten grundsätzlich auf den Vertreter abzustellen. Sind dessen tatsächliche Auslagen betragsmäßig geringer als die fiktiven Auslagen des Hauptprozessbevollmächtigten, so sind Reisekosten nur in Höhe der tatsächlichen Kosten erstattungsfähig.

2. Ein Abwesenheitsgeld ist nicht erstattungsfähig, wenn die Reise nicht durch den allgemeinen Stellvertreter oder einen angestellten Rechtsanwalt, sondern durch einen externen Unterbevollmächtigten ausgeführt wird.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 30.03.2021; Aktenzeichen 10 O 412/19)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg vom 30.03.2021 dahin abgeändert, dass die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 3.806,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2021 festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Der Beschwerdewert wird auf 254,60 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Mit Beschluss vom 30.03.2021 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Oberlandesgerichts Naumburg und der Kostenfestsetzungsanträge der Klägerin vom 07.01.2021, für die II. Instanz korrigiert mit Antrag vom 25.03.2021, die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten für die I. und II. Instanz auf insgesamt 3.928,83 EUR festgesetzt.

Gegen diesen ihr am 07.04.2021 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.04.2021, am gleichen Tage bei dem Landgericht Magdeburg eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Mit dieser hat sie eingewandt, dass die Klägerin, da die für sie aufgetretenen Terminsvertreter von ihren Prozessbevollmächtigten - unstreitig - im eigenen Namen beauftragt worden seien, nur die jeweils angefallene Terminsgebühr erstattet verlangen könne, nicht aber Aufwendungen der Prozessbevollmächtigten für den Terminsvertreter oder fiktive Reisekosten.

Mit Beschluss vom 04.06.2021, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht Magdeburg - Rechtspflegerin - der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

B. I. Für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 568 S. 1 ZPO die Einzelrichterin zuständig, da die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist. Die Voraussetzungen von § 568 S. 2 ZPO liegen nicht vor.

II. Die gemäß §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.

Gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insb. die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

1. Eine Terminsgebühr ist sowohl in I. als auch in II. Instanz angefallen und zu erstatten, auch wenn die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Termine jeweils nicht persönlich wahrgenommen haben.

Dies ergibt sich aus § 5 RVG, wonach die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bemessen, wenn er durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. Der Terminsvertreter ist im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen (z. B. OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Juli 2017 - 8 W 321/15 -, zitiert nach juris Rz. 4). Diese Voraussetzung liegt in beiden Instanzen vor, weshalb die Klägervertreter in beiden Instanzen von der Klägerin die volle Vergütung verlangen können, die sie auch erhalten hätten, wenn sie die entsprechende Tätigkeit selbst ausgeführt hätten (z. B. Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 25 Auflage, 2021, § 5 Rz. 8; Ahlmann in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, § 5 Rz. 18). Diese Kosten sind gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähig, was von der Beklagten mit der Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen wird.

2. Die Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als das Landgericht für die Reisekosten auf die fiktiven Kosten der Prozessbevollmächtigten selbst abgestellt hat.

Denn wenn eine Stellvertretung gemäß § 5 RVG vorliegt, ist auch hinsichtlich der Reisekosten auf den Vertreter abzustellen (z. B. Mayer in Gerold/Schmidt, a.a.O., § 5 Rz. 9) und nicht auf die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die unstreitig keinen der Termine selbst wahrgenommen haben. Bei der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten geht es um Auslagen des Prozessbevollmächtigten, die nur erstattungsfähig sind, wenn sie auch tatsächlich angefallen sind. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus der Vorbemerkung 7 Abs. 1 zu Teil 7 "Auslagen" der Anlage 1...

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