Leitsatz (amtlich)

Die notarielle Prüfpflicht nach § 15 Abs. 3 Satz 1 GBO umfasst sämtliche zur Grundbucheintragung erforderlichen Erklärungen und Erklärungsbestandteile im Sinne von § 29 Abs. 1 GBO, jedenfalls auch die Verwalterzustimmung gemäß § 12 Abs. 1 WEG.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Oschersleben - Grundbuchamt - vom 6. Juli 2020 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 18.500,00 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind im Grundbuch von K., Grundbuchblatt ..., Wohnungsgrundbuch, seit 9. Juli 2015 als Eigentümer zu je 1/2 der unter der laufenden Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses aufgeführten Miteigentumsanteile von 320,50/10.000 an den Grundstücken der Gemarkung K., Flur ..., Flurstücke 3 ... und 5 ..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Obergeschoss im Haus 1 sowie mit einem Sondernutzungsrecht an einem Pkw-Stellplatz eingetragen. Mit Urkunde vom 13. Dezember 2019 zur Urkundenrolle Nr. 1494/2019 der Notarin R. verkauften sie das Wohnungseigentum an den Beteiligten zu 3) und bewilligten und beantragten zugleich die Eintragung der Auflassung sowie einer Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten. Am 18. Dezember 2019 wurde zunächst die beantragte Vormerkung eingetragen.

Unter dem 3. Juni 2020 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte Notarin unter Bezugnahme auf die dem Grundbuchamt vorliegende beglaubigte Abschrift der notariellen Urkunde vom 13. Dezember 2019 gemäß § 15 GBO namens der Beteiligten, die Eigentumsvormerkung zu löschen und die Auflassung auf den Käufer zu vollziehen. Dem Antrag waren eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts, eine beglaubigte Abschrift des Protokolls der Wohnungseigentümerversammlung vom 24. September 2019 sowie eine beglaubigte Abschrift der Erklärung vom 10. Januar 2020, mit welcher der Verwalter der Eigentümerwohnanlage der Veräußerung an den Beteiligten zu 3) zustimmte, beigefügt. Letztere enthält keinen Prüfvermerk der Notarin.

Mit Beschluss vom 6. Juli 2020 erließ das Grundbuchamt des Amtsgerichts Oschersleben eine Zwischenverfügung in welcher darauf hingewiesen wurde, dass der beantragten Eintragung einer Grundbuchberichtigung Hindernisse entgegenstehen, zu deren formgerechter Behebung gemäß § 18 GBO eine Frist von vier Wochen gesetzt wurde. Das Hindernis liege, so das Grundbuchamt, in einem fehlenden Prüfvermerk hinsichtlich der Verwalterzustimmung vom 16. Januar 2020. Auch sie bedürfe eines Prüfvermerks des die Unterschrift beglaubigenden Notars gemäß § 15 Abs. 3 GBO i.V.m. § 49 GBO, denn ein solcher sei seit 9. Juni 2017 formelle Eintragungsvoraussetzung. Die Unterschriftsbeglaubigung sei nach diesem Stichtag erfolgt und auch handele es sich bei dem Bewilligungstext nicht um einen Entwurf des beglaubigenden Notars.

Am 14. Juli 2020 legte die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten Beschwerde ein. Nach ihrer Auffassung, so die Begründung des Rechtsmittels, sei ein Prüfvermerk nach dem Wortlaut des Gesetzes auf allen "einer Eintragung erforderlichen Erklärungen" anzubringen. Bei der Verwalterzustimmung handele es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Zustimmungserklärung. Aufgrund einer abgegebenen Verwalterzustimmung werde keine Eintragung im Grundbuch vorgenommen, sondern dies geschehe aufgrund von Eintragungsbewilligung und Antrag. Auf einer Verwalterzustimmung sei daher kein Prüfvermerk anzubringen.

Mit Verfügung vom 31. August 2020 half das Grundbuchamt der Beschwerde nicht ab und führte zur Begründung aus, die Verwalterzustimmung gemäß § 12 WEG stelle eine zur Eintragung erforderliche Erklärung dar. Es sei keine reine Zustimmungserklärung nach § 182 BGB und ähnlich zu bewerten wie eine Löschungszustimmung des Eigentümers gemäß § 27 GBO, die auch nicht zur Eintragung gelange, aber eine zur Eintragung der Löschung erforderliche Erklärung sei. Ohne die Zustimmung des Verwalters nach § 12 WEG, wenn diese vereinbart worden sei, könne ein Eigentumswechsel im Grundbuch nicht eingetragen werden.

II. Die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und in zulässiger Weise erhoben (§§ 73, 74 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Zur Einlegung sind die Beteiligten berechtigt, weil sie zum Kreis der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO Antragsberechtigten gehören (vgl. Hügel/Kramer, GBO, 4. Aufl. 2020, § 71, Rn. 193).

Die Beschwerde der Notarin ist als Rechtsmittel nur der Beteiligten auszulegen. Wenn ein Notar im Rahmen der vermuteten Vollmacht nach § 15 GBO Beschwerde einlegt, ohne ausdrücklich Angaben zur Person des Beschwerdeführers zu machen, sind grundsätzlich alle Antragsberechtigten als Beschwerdeführer anzusehen, falls sich nicht aus einer ausdrücklichen Angabe oder den Umständen etwas anderes ergibt (vgl. BGH, NJW 1985, 3070; OLG Schleswig, Beschluss vom 28. Juli 2017 - 2 Wx 50/17 -, juris Rn. 6, und Beschluss vom 9. Juli 2010 - 2 W 94/10, FGPrax 2010, 282 ff.; Demharter, GBO, 32. Auflage 2021...

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