Verfahrensgang

AG Halle-Saalkreis (Aktenzeichen 23 F 1170/01)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers wegen Verweigerung von Prozesskostenhilfe wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antragsteller ist der Vater des nicht ehelich geborenen Kindes P. R., geb. 8.6.1995; die Vaterschaft wurde anerkannt. Durch Erklärung der Eltern vom 27. Januar 1999 wurde gemeinsam elterliche Sorge begründet.

Mit Antrag vom 28.5.2001 begehrt der Antragsteller die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge und begründet dies damit, dass die Kindesmutter den Sohn bei ihm belassen hat und seit Anfang 1999 verschwunden ist. Sie habe seither keinen Kontakt mehr mit ihm oder dem Kind aufgenommen und niemand in der Verwandtschaft oder Bekanntschaft können Auskunft über den Aufenthalt geben.

Das Familiengericht hat Prozesskostenhilfe verweigert und auch die beantragte öffentliche Zustellung verweigert. Der Beschwerde hat es nicht abgeholfen.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn zutreffend geht das Familiengericht davon aus, dass ein Fall des Ruhens der elterlichen Sorge vorliegt und der Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge daher nicht Erfolg zeitigen kann.

Nach dem Wortlaut und auch dem Sinn des § 1674 BGB muss die rechtliche Klarheit der Vertretung und Verantwortung für das Kind gesichert sein, was nicht der Fall ist, wenn der andere Elternteil tatsächlich, insbes. gegen seinen Willen, verhindert ist, das Elternrecht auszuüben und an Entscheidungen mitzuwirken. Daher ist anerkannt, dass ein Ruhensfall vorliegt bei Inhaftierung, nicht hingegen bei Untersuchungshaft, da diese auch kurzfristig beendet sein kann (Diederichsen in Palandt, BGB, 60. Auflage, § 1674 RdNr 1). Auch ein Auslandsaufenthalt mit schwierigen Verkehrsverbindungen oder politischen Verhältnissen, die einer rasche Rückkehr entgegenstehen, sind in der Rechtsprechung als Ruhensgrund anerkannt (Diederichsen aaO). Das Jugendamt ist nach §§ 49, 49a FGG nicht zu beteiligen.

Aus der Gegenüberstellung zwischen den Ruhensvoraussetzungen einerseits und den Gründen für eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge andererseits wird erkennbar, dass die Ruhensanordnung der weiteraus geringere Eingriff in das Elternrecht darstellt, denn diese Feststellung beruht auf tatsächlichen Verhältnissen, die einer Ausübung entgegenstehen. Aus diesem Grund ist auch alleine der Rechtspfleger für die Feststellung zuständig und bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Beschluss aufzuheben und das Elternrecht, dessen Ausübung nur ausgesetzt war (§ 1675 BGB) steht wieder uneingeschränkt dem Elternteil zur Verfügung.

Im Gegensatz hierzu ist die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge an gänzlich andere Voraussetzungen geknüpft, die insbes. sich am Wohl des Kindes orientieren und auch in der Wirkung solange das Elternrecht gänzlich ausschließen, bis auf Grund einer materiellen Prüfung eine Rückübertragung erfolgt. Die Voraussetzungen nach § 1671 BGB oder ggf. § 1666 BGB liegen hier erkennbar nicht vor. Auf Grund der Schwere und Dauerhaftigkeit der Sorgerechtsübertragung ist der Richter und nicht der Rechtspfleger zuständig und die Voraussetzungen sind im Gegensatz zu den Ruhensvorschriften überwiegend nicht rein formaler Natur und auch das Jugendamt ist zu beteiligen (§ 49a FGG).

Der Antrag, insbes. die Beschwerde ist geprägt von der – verständlichen – Sorge, dass die Mutter, die seit 1999 verschwunden ist, wieder auftaucht und dann die elterliche Sorge ausüben wird. Richtig ist zwar, dass bei einer Ruhensfeststellung das Auftauchen Grund zur Aufhebung des Ruhensbeschlusses ist. Sofern jedoch dieser Fall eintritt kann, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet und ggf. im Wege der einstweiligen Anordnung ein tatsächlicher und auch Rechtszustand geschaffen werden, der im Interesse des Kindes unter Berücksichtigung aller Beteiligtenrechte notwendig oder zweckmäßig ist.

Da dem Hauptbegehen mangels Aussicht auf Erfolg nicht stattzugeben ist bedarf es keiner Entscheidung über die Frage einer evtl. öffentlichen Zustellung des Antrages, denn im Gegensatz zur Sorgerechtsübertragung nach § 1671 BGB bedarf es bei der Ruhensfeststellung gerade nicht der Zustellung an den anderen Elternteil. Das Familiengericht wird, wenn der Antragsteller dies beantragt, das Verfahren dem zuständigen Rechtspfleger zuleiten der nach den entsprechenden Amtsermittlungen (§ 12 FGG), die durch aktive Mitarbeit des Antragstellers gefördert werden können z.B. durch Vorlage entsprechender Bestätigungen der Verwandten und Bekannten, über das Ruhen befinden wird. Der Senat sieht davon ab, seinerseits eine vorläufige Anordnung über das Ruhen zu treffen in der berechtigten Annahme, dass der Rechtspfleger unter Berücksichtigung aller Umstände von dieser Möglichkeit, falls erforderlich, Gebrauch machen wird.

 

Unterschriften

gez. Dr. Friederici Vors. Richter am OLG, gez. Wiedenlübbert Richter am OLG, gez. Bisping Richter am OLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1518565

FamRZ 20...

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