Entscheidungsstichwort (Thema)

Abtretung von Darlehensforderungen durch eine Bank; Kündigung einer Rangrücktrittsvereinbarung durch den Zessionar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Abtretung einer Darlehensforderung stellt noch nicht deshalb eine die Zustimmung des Schuldners erfordernde Vertragsübernahme dar, weil zwischen dem Schuldner und dem Zedenten Vereinbarungen getroffen wurden, welche die Durchsetzbarkeit der Forderung und die Verwertbarkeit von Sicherheiten einschränken.

2. Der Schuldner kann dem Zessionar die sich aus einer solchen Vereinbarung ergebenden Einwendungen nach § 404 BGB entgegenhalten, doch geht gem. § 401 BGB mit der Abtretung auf den Zessionar auch das Recht über, die Vereinbarung unter den gesetzlichen Voraussetzungen zu kündigen.

3. Die Kündigung eines von mehreren Personen geschlossenen Vertrages muss gegenüber allen Vertragsbeteiligten erklärt werden, wenn es sich - wie z.B. bei mehreren als Gesamtschuldner haftenden Darlehensnehmern - um ein einheitliches Vertragsverhältnis handelt, das nicht gleichzeitig gegenüber einer Vertragspartei durchgeführt und gegenüber einer anderen Vertragspartei beendet werden kann. Andernfalls ist auch die isolierte Kündigung nur des mit einer Vertragspartei bestehenden Vertragsverhältnisses möglich.

4. Wurde in der beiderseitigen Erwartung des baldigen Verkaufs einer als Sicherheit für Darlehensforderungen dienenden Immobilie eine Rangrücktrittsvereinbarung geschlossen und erfüllt sich diese Erwartung nicht, kann nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Kündigung der Vereinbarung berechtigt sein.

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 6 O 10090/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klage richtet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem sich ein Hotelgebäude befindet. Mit Vertrag vom 1./10.2.1993 war ihr von der W. Hypothekenbank AG (im Folgenden: Zedentin) ein Darlehen über 11.200.000 DM gewährt worden (Anlage K 3), das bis heute nicht zurückgezahlt ist. Ferner hatte die Klägerin der Zedentin mit notarieller Urkunde vom 17.6.1993 (Anlage K 1) eine Grundschuld ohne Brief über eine Million DM zu Lasten des vorgenannten Grundstücks eingeräumt sowie ein abstraktes Schuldversprechen in Höhe der Grundschuld abgegeben und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterworfen.

Seit 1998 versuchte die Klägerin, die Immobilie zu veräußern. Im Jahr 2000 wurde der Hotelbetrieb eingestellt; das Gebäude ist seither ungenutzt. Am 30.11./4.12.2000 wurden zwischen der Zedentin und der Klägerin sowie den als Bürgen bezeichneten L. und W. schriftliche Vereinbarungen getroffen, die im Wesentlichen folgenden Inhalt haben:

"Die Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschaft ggü. der Bank sind durch Grundschulden auf den vorbezeichneten Immobilien abgesichert.

Zur Vermeidung einer eventuell künftigen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft vereinbaren die Parteien was folgt:

1. Die in der Vorbemerkung genannte Immobilie wird verkauft. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dies in möglichst kurzer Zeit erfolgt. Alle Parteien werden sich deshalb um Käufer bemühen.

2. Der Kaufpreis wird das ausgereichte Darlehen der Bank ggü. der Gesellschaft voraussichtlich nicht decken.

a) Rangrücktritt

Zur Beseitigung der Überschuldung der Gesellschaft und zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens vereinbaren die Parteien, dass die Gesellschaft zur Rückzahlung des Darlehens über den Einsatz des Verwertungserlöses hinaus nur verpflichtet ist, sobald und soweit ihre sonstigen Verbindlichkeiten durch Aktivvermögen, bewertet nach Liquidationswerten, gedeckt sind. Auch für Zeiträume, zu welchem die Gesellschaft nicht zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist, weil ihre Verbindlichkeiten nicht durch Aktivvermögen gedeckt sind, ist das Darlehen zum vereinbarten Zinssatz zu verzinsen. Zur Zahlung der Zinsen ist die Gesellschaft aber nur verpflichtet, sobald und soweit ihre sonstigen Verbindlichkeiten durch Aktivvermögen, bewertet nach Liquidationswerten, gedeckt sind.

Diese Rangrücktrittserklärung bezieht sich nicht auf die werthaltig besicherten Teile unserer Forderungen. Die werthaltig besicherten Forderungsteile können wir vielmehr weiterhin geltend machen und in Höhe des Wertes der dafür haftenden Sicherheiten realisieren. [...]

c) Verzicht

Ist die in der Vorbemerkung bezeichnete Immobilie verkauft und deckt der Verkaufserlös nicht sämtliche Forderungen der Bank ggü. der Gesellschaft, verpflichtet sich die Bank bereits jetzt, auf eventuelle Differenzbeträ...

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