Leitsatz (amtlich)

1. Die „harte Patronatserklärung” ist ein akzessorisches Sicherungsmittel eigener Art.

2. Eine befristete „harte Patronatserklärung” erfasst nur solche Forderungen, welche innerhalb der Befristung fällig geworden sind.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 765 ff.

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 13 HKO 3081/02)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 25.6.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, Herstellerin keramischer Werkstoffe und Bauteile, verlangt aus einer Patronatserklärung (Anl. K 35a) von der Beklagten Bezahlung für die Lieferung von Keramikteilen an die Fa. … (vormals … – im Folgenden Fa. … – gem. Rechnungen vom 6.6.2001 (Anl. K 17), 18.6.2001 (Anl. K 16) und 22.6.2001 (Anl. K 20).

Zum weiteren erstinstanzlichen Vorgehen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG München I hat mit Urt. v. 25.6.2002 die Klage abgewiesen.

Das LG verneinte eine Haftung der Beklagten aus der am 14.9.2000 abgegebenen Patronatserklärung (Anl. K 35a), da diese befristet gewesen sei und die verfahrensgegenständlichen Forderungen dem Patronatszeitraum nicht mehr unterfielen.

Das LG ging von einer sog. „harten” Patronatserklärung aus, welche – in Anlehnung an § 777 BGB – eine zeitliche Haftungsbegrenzung auf den 30.6.2001 enthalten habe. Nach diesem Zeitpunkt sei die Haftung entfallen. Eine unverzügliche Haftungsanzeige ggü. der Beklagten sei unterblieben. Die Inanspruchnahme am 25.1.2002 sei daher nicht mehr möglich gewesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin rügt, das LG habe die verfahrensgegenständliche Patronatserklärung rechtsirrig als zeitlich beschränkte Sicherheit angesehen.

Die diesbezügliche Argumentation sei nicht schlüssig. Bei der Unterzeichnung der Patronalserklärung am 14.9.2000 habe trotz Bezugnahme auf Rahmenverträge noch keine feste und bezifferbare Verbindlichkeit der Fa. … bestanden. Diese sei vielmehr erst durch einzelne „Abrufe” der Ware entstanden, welche keineswegs bezüglich Umfang und Zeitpunkt bereits festgestanden hätten. Die Patronatserklärung sei vor diesem Hintergrund als gegenständlich beschränkte Sicherheit zu verstehen, d.h. wirksam bezüglich aller Warenabrufe bis zum 30.6.2001. Damit seien die verfahrensgegenständlichen Forderungen erfasst und die Klage unbegründet. § 777 BGB sei vorliegend – auch nicht als Auslegungshilfe – heranziehbar. Abgesehen von dieser unrichtigen Anwendung des materiellen Rechts sei das Urteil des LG auch verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Zu der im Urteil vorgenommenen Auslegung der Patronatserklärung als zeitlich beschränkte Sicherheit sei kein Hinweis des Gerichts gem. § 139 ZPO ergangen.

Die Klägerin beantragt daher:

1. Das Urteil des LG München I vom 25.6.2002 abzuändern und

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 415.391,91 Euro (= 812.434 DM) nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB seit dem 6.2.2002 zu bezahlen.

3. Hilfsweise beantragt die Klägerin für den Fall, dass sich das Berufungsgericht mangels Entscheidungsreife i.S.v. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an einer eigenen Sachentscheidung gehindert sieht, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen.

4. Vorsorglich wird für den Fall des Unterliegens beantragt, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte schließt sich der Auslegung der Patronatserklärung durch das LG und den hieraus gezogenen rechtlichen Konsequenzen für die verfahrensgegenständlichen Ansprüche an. Die zeitliche Haftungsbeschränkung der Patronatserklärung ergebe sich bereits aus deren Wortlaut und entspreche auch dem gerechten Interessenausgleich zwischen den Parteien, da das finanzielle Risiko für die Beklagte ansonsten unkalkulierbar geworden wäre, was von ihr – für die Klägerin erkennbar – nicht gewollt war. Andererseits habe die Klägerin durch die klare zeitliche Vorgabe von Anfang an Gewissheit gehabt, welche Ansprüche sie geltend machen könne.

Im Übrigen könne man die zentrale Normaussage des § 777 BGB für die Auslegung der Patronatserklärung heranziehen, da es sich um wesensverwandte Sicherungsmittel handele.

Hilfsweise macht die Beklagte die Nichtigkeit der Patronatserklärung gem. § 138 Abs. 1 BGB für den Fall geltend, dass die von der Klägerin vorgenommene Auslegung zutreffe. In diesem Fall sei ihre „Ausstattungsverpflichtung” unbestimmbar und daher die Erklärung insgesamt gem. § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

Verfahrensfehler des LG sieht die Beklagte nicht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird...

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