Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermächtnis. Entsprechende Anwendung des § 2312 BGB. Konkludente Anordnung des Erblassers gem. § 2312 Abs. 2 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung des § 2312 BGB ist entsprechend im Rahmen eines Vermächtnisses anzuwenden.

2. Die Anordnung des Erblassers gem. § 2312 Abs. 2 BGB kann konkludent erfolgen. War dem Erblasser erkennbar daran gelegen, den Fortbestand seines landwirtschaftlichen Betriebes zu sichern, kann dies Indiz für eine entsprechende konkludente Anordnung sein.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 1371, 1931 Abs. 1, 3, §§ 2049, 2302 Abs. 1 S. 2, § 2312 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 23.01.2006; Aktenzeichen 44 O 2596/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des LG Landshut vom 23.1.2006 aufgehoben und die Klage im dort ausgeurteilten Umfang abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt die Beklagte 21 % und der Kläger 79 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenpartei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Höhe eines Vermächtnisanspruchs des Klägers.

Die Beklagte ist gem. notariellem Ehe- und Erbvertrag vom 7.12.1949 (K 2) Alleinerbin ihres am 28.5.2000 verstorbenen Ehemannes N.N., mit dem sie im Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt hatte. Abkömmlinge des zuerst versterbenden Eheteils sollten nach diesem Vertrag den dritten Teil des Gesamtgutes als Vermächtnis erhalten.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger danach ein Vermächtnis i.H.v. 1/9 des Gesamtgutes zusteht, da der Erblasser drei Söhne hinterlassen hat.

Streitig ist zwischen den Parteien, ob ein zum Nachlass gehörender landwirtschaftlicher Betrieb im Rahmen der Wertberechnung des Gesamtgutes mit dem Verkehrswert oder dem Ertragswert anzusetzen ist.

Der Kläger ist der Ansicht, dieses landwirtschaftliche Anwesen erwirtschafte nur Verluste und sei daher nicht erhaltungswürdig. Sein Bruder sei nicht in der Lage, das Anwesen sinnvoll zu bewirtschaften. Dem Ehe- und Erbvertrag seiner Eltern sei keine Anordnung zu entnehmen, dass das Landgut zum Ertragswert zu übernehmen sei. Es käme nur die Bewertung nach dem Verkehrswert in Betracht.

Der Kläger beantragte daher, die Beklagte zur Zahlung von 101.505 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.

Nachdem die Beklagte hiervon 17.800 EUR anerkannt hatte, erging am 9.11.2005 antragsgemäß ein dementsprechendes Teilanerkenntnisurteil.

In der Folge beantragte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung weiterer 83.705 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragte insoweit Klageabweisung.

Sie war der Ansicht, dem Ehe- und Erbvertrag vom 7.12.1949 (K 2) sei im Wege der ergänzenden Auslegung die Anordnung der Ertragswertberechnung für das Landgut zu entnehmen, der bei EUR 34.200 liege.

Im Übrigen wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO)

Das LG Landshut hat der Klage mit Schlussurteil vom 23.1.2006 in vollem Umfang stattgegeben, da das verfahrensgegenständliche Landgut mit dem Verkehrswert anzusetzen sei.

Der Sachverhalt unterfalle der Regelung des § 2312 BGB. Die dort geforderte Anordnung einer Übernahme des zum Nachlass gehörenden Landgutes zum Ertragswert sei dem Ehe- und Erbvertrag (K 2) nicht zu entnehmen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Das LG habe rechtsfehlerhaft bei der Bewertung des zum Nachlass gehörenden Landgutes den Verkehrswert zugrunde gelegt. Sie wiederholt ihre Argumentation aus dem erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt daher, das Schlussurteil des LG Landshut vom 23.1.2006 in Ziff. I aufzuheben und insoweit die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er schließt sich den Entscheidungsgründen des LG an und wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Das streitgegenständliche, zum Nachlass gehörende landwirtschaftliche Anwesen ist ein Landgut und als solches kraft Anordnung des Erblassers zum Ertragswert zu übernehmen.

Der Wert des verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Betriebes unterliegt der Bewertungsregel des § 2312 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung.

Diese Vorschrift, die unmittelbar nur den Pflichtteilsanspruch betrifft, ist entsprechend anwendbar, wenn ein Geldvermächtnis zum Ausgleich des gesetzlichen Pflichtteils ausgesprochen wird (BGH v. 11.3.1992 - IV ZR 62/91, NJW-RR 1992, 770; BGH v. 5.5.1983 - III ZR 57/82, MDR 1984, 204 = FamRZ 1983, 1220 [1221]; Fr...

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