Leitsatz (amtlich)

Eine fehlende Berechtigung der Verwertungsgesellschaft, von der Verteilungsmasse einen festen Verlegeranteil zu berechnen und an die Verleger auszuschütten, führt nicht zur Sittenwidrigkeit des Verlagsvertrages, in dem der Urheber und der Verlag eine Aufteilung der Erlöse entsprechend den Ausschüttungen durch die Verwertungsgesellschaft vereinbart haben.

 

Normenkette

BGB § 138

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 21 O 12610/17)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.07.2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten, das Urteil des Landgerichts ist hinsichtlich der Kosten gegen den Beklagten zu 1) insgesamt, gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) hinsichtlich 1/3 der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vorläufig vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des vorläufig zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit und den Fortbestand diverser Verlagsverträge.

Der Kläger ist Musikverleger. Die Beklagten sind Textdichter und Komponisten und waren als solche an der Schöpfung der im Tenor des Landgerichts aufgeführten streitgegenständlichen Werke beteiligt. Sie schlossen im Jahr 1965 mit dem Kläger hinsichtlich dieser Werke Verlagsverträge entsprechend dem im landgerichtlichen Urteil wiedergegebenen Vertragsmuster des Deutschen Musikverlegerverbandes (vgl. Anlage K 1).

Die Beklagten sprachen mit Anwaltsschreiben vom 16.01.2017 (Anlage K 2) hinsichtlich der Verträge eine fristlose Kündigung aus, gestützt insbesondere auf unzureichende verlegerische Aktivitäten des Klägers. Der Kläger wies die Kündigung mit Anwaltsschreiben vom 09.02.2017 zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 24.06.2017 (Anlage K 9) haben die Beklagten eine erneute fristlose Kündigung der Verträge ausgesprochen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Kündigungen unwirksam seien, und begehrt die Feststellung, dass die Verträge durch die Kündigungen nicht beendet worden sind.

Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt, die Klage zurückzuweisen. Im Wege der Zwischenfeststellungswiderklage haben sie beantragt, nach § 256 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Verlagsverträge gemäß § 138 BGB nichtig sind.

Nach Auffassung der Beklagten sind die streitgegenständlichen Verlagsverträge sittenwidrig. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich aus dem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Während die Leistungen der Beklagten (Übertragung nahezu sämtlicher Nutzungsrechte, Beteiligung des Klägers an den GEMA-Einnahmen gemäß GEMA-Verteilungsplan) umfassend seien, beschränke sich die Vertragsleistung des Klägers gemäß Ziffer 1 des Vertrages darauf, sich für die Verbreitung des Werkes in handelsüblicher Weise einzusetzen. Die Sittenwidrigkeit bestehe auch aufgrund der Knebelungswirkung, die sich aus der Übertragung der Rechte für die gesamte Schutzfrist von 70 Jahren post mortem auctoris ergebe. Zudem seien die Verträge sittenwidrig, weil es sich bei den Abtretungen der Nutzungsrechte an den Kläger um Leerabtretungen handele, da die Rechte von den Beklagten bereits auf die GEMA übertragen worden seien.

Im Übrigen seien die Verträge jedenfalls durch die Schreiben vom 16.01.2017 und 24.06.2017 wirksam gekündigt worden.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 11.07.2018, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:

I. Es wird festgestellt, dass die Verlagsverträge zwischen dem Kläger und den Beklagten betreffend die Werke

1. Aber Dich gibt's nur einmal für mich (Verlagsvertrag vom 19.02.1965)

(GEMA-Werknummer: 133899)

2. Zwei Guitarren - Eine Sweetheart Melodie (Verlagsvertrag vom 19.02.1965)

(GEMA-Werknummer: 454292)

3. Es ist nie zu spät (Verlagsvertrag vom 18.11.1965)

(GEMA-Werknummer: 796195)

4. Ohne Dich (Verlagsvertrag vom 18.11.1965)

(GEMA-Werknummer: 847042)

5. Du bist blind (Verlagsvertrag vom 05.12.1965)

(GEMA-Werknummer: 847006)

6. Guten Abend, Gute Nacht (Verlagsvertrag vom 05.12.1965)

(GEMA-Werknummer: 376150)

7. Apachen Jodel (Verlagsvertrag vom 05.12.1965)

(GEMA-Werknummer: 846989)

8. Gedanken sind frei (Verlagsvertrag vom 05.12.1965)

(GEMA-Werknummer: 796224)

9. Überall gibt's schöne Mädchen (Verlagsvertrag vom 05.12.1965)

(GEMA-Werknummer: 727958)

10. Bring mir Glück Schornsteinfeger (Verlagsvertrag vom 05.12.1965)

(GEMA-Werknummer: 446792)

durch die Kündigungen der Beklagten vom 16.01.2017 und vom 24.06.2017 nicht beendet wurden.

Im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen.

II. Die Zwischenfeststellungswiderklage wird zurückgewiesen.

III. [Kosten]

IV. [vorläufige Vollstreckbarkeit]

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte zu 1) unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags mit seiner Berufung. Er beantragt,

das Urteil des LG München I vom 11...

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