Leitsatz (amtlich)

Das „Shop-Geschäft” des Tankstellenpächters wird im Handelsvertreterausgleich nicht berücksichtigt.

§ 895 HGB weder direkt noch analog anwendbar.

 

Normenkette

HGB § 89b

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 3 HKO 146/02)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 21.6.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein ehemaliger Tankstellenpächter, nimmt die Beklagte, ein Mineralölunternehmen, auf Handelsvertreterausgleich für den am 30.6.1997 beendeten Betrieb eines Tankstellen-Shops in Anspruch.

Zum erstinstanzlichen Vorbringen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG München I hat mit Urteil vom 21.6.2002 die Klage abgewiesen, da es eine analoge Anwendung des § 89b HGB auf das Eigenhändlergeschäft des Klägers in dem von ihm betriebenen Tankstellen-Shop verneint hat.

Es hielt für eine analoge Anwendbarkeit des § 89b HGB eine handelsvertreterähnliche Eingliederung des Klägers in die Absatzorganisation der Beklagten sowie eine Vertragspflicht des Klägers zur Übertragung seines Kundenstammes aus dem Shop-Geschäft auf die Beklagte für erforderlich. Beide Elemente würden im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien jedoch fehlen bzw. seien unzureichend ausgeprägt. Bezüglich der Einbindung in die Absatzorganisation der Beklagten bestehe zwar durchaus eine Sonderbeziehung zwischen den Parteien, jedoch fehle die für ein Handelsvertreterverhältnis typische Absatzpflicht des Klägers für bestimmte Artikel. Zur Übergabe seines Kundenstammes aus dem Shop-Geschäft habe sich der Kläger überhaupt nicht verpflichtet. Dies sei hier auch nicht entbehrlich, da eine Gleichstellung eines Händlers mit einem Handelsvertreter nur dann in Betracht komme, wenn das Vertragsverhältnis so ausgestaltet sei, dass der Händler sich bei Vertragsende seines Kundenstammes begebe, sei es durch eine Übertragungsvereinbarung oder die Vereinbarung gleich gestellter Informationspflichten, die den Unternehmer in die Lage versetzten, die Geschäfte mit den Kunden des Händlers nach Vertragsende ohne weiteres fortzusetzen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger ist der Meinung, dass die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 89b HGB für das Shop-Geschäft vorlägen und vom Erstgericht verkannt würden.

Der gesamte Tankstellenbetrieb mit Agentur- und Shop-Geschäft umfasse zwei Bereiche, die sich nicht trennen ließen, da sie einem einheitlichen Vertriebskonzept unterlägen. Bei einer solchen Kombination eines Agenturvertrages mit einem Vertrags/Eigenhändlervertrag sei davon auszugehen, dass auch für das Eigenhändlergeschäft die handelsvertreterrechtlichen Bestimmungen gelten würden.

Im Übrigen sei die notwendige Eingliederung des Klägers in die Absatzorganisation der Beklagten gegeben gewesen. Das von der Beklagten in ihrem Handbuch … (Anlage K 3) vorgestellte und entwickelte Vertriebskonzept sei aufgrund wirtschaftlich ausgeübten Druckes durch die Beklagte verbindlich gewesen. Es habe daher eine Bindung an bestimmte Lieferanten und Produkte bestanden.

So habe der Kläger für einige Artikel Rechnung direkt von der Beklagten erhalten (z.B. Anlage K 4). Shop-Fachberater hätten die Läden regelmäßig, zum Teil unangemeldet, überprüft und eine Shop-Bereinigung durchgeführt. Die Beklagte habe jährlich aufgefordert, Geschäftspläne anzufertigen und an speziellen Schulungen sowie Messen für den Shop-Betrieb teilzunehmen.

Als Lieferanten habe man die Fa. …, eine 100%ige Tochter der Beklagten, und die Fa. …, eine 50 %ige Tochter der Beklagten, vorgegeben.

Die Beklagte habe den Kläger verpflichtet, am Stationscomputersystem teilzunehmen, was für den reinen Agenturbereich nicht notwendig gewesen wäre. Im Kreditkartensystem habe sich der Kläger verpflichten müssen, auch Waren aus dem Folgemarktgeschäft hierunter abzurechnen.

Eine ausdrückliche vertragliche Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes sei nicht erforderlich, da das Folgemarktgeschäft im anonymen Massenbetrieb stattfinde. Mit Rückgabe der Tankstelle nach Beendigung des Pachtverhältnisses könne die Beklagte ohne weiteres neben dem Kundenstamm der Tankstelle auch den Kundenstamm des Shop-Geschäftes nutzen, ohne dass es einer ausdrücklichen Übergabe bedürfe.

Für die Höhe des Handelsvertreterausgleichsanspruches wiederholt der Kläger die Berechnung aus der 1. Instanz.

Der Kläger beantragt daher, das Urteil des LG München I vom 21.6.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 71.784,01 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 1.7.1997 zu bezahlen.

Im Übrigen beantragt er vorsorglich die Zulassung der Revision.

Die Beklagte beantragt,...

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