Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfall, Schadensersatzanspruch, Reparaturkosten, Vollkaskoversicherung, Fahrzeug, Minderung, Berufung, Minderwert, Nutzungsausfall, Verschulden, Verletzung, Gutachten, Erstattung, Werkleistung, merkantiler Minderwert, Treu und Glauben, relevanter Markt

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 09.04.2020; Aktenzeichen 10 O 3894/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München II vom 09.04.2020, Az. 10 O 3894/17 in Ziffer 1 des Tenors dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, 9.095,82 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.07.2017 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 887,03 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.11.2017 an den Kläger zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 62%, die Beklagte 38%.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 78%, die Beklagte 22%.

4. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Endurteil des Landgerichts München II, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund eines Reifenwechsels.

Der Kläger beauftragte die Beklagte mit der Anbringung von Sommerreifen am Fahrzeug M. B., Typ C-Klasse Modell C 63 AMG 7 - T. Der beauftragte Reifenwechsel erfolgte am 05.04.2017 durch die Beklagte. Bei Bezahlung der Vergütung durch den Kläger am 05.04.2017 wurde diesem von einem Mitarbeiter der Beklagten ein Rechnungsbeleg (Anl. B 1) ausgehändigt, auf dem unterhalb der Auflistung der von der Beklagten in Rechnung gestellten Arbeiten mittig kursiv ausgeführt war: "Achtung! Alufelgen nach 50 km Radmuttern nachziehen."

Der Kläger zog die Radmuttern in der Folge nicht nach. Am 08.04.2017 und nach einer Laufleistung von ca. 100 km seit dem Reifenwechsel vom 05.04.2017 löste sich bei der Fahrt auf der Autobahn A 99 im Abschnitt 520 - Km 0.050 (Gemeindegebiet H.) das linke hintere Rad des streitgegenständlichen Pkws. Dem Kläger gelang es, das Fahrzeug auf der Bremsscheibe rutschend auf der Überholspur zum Stehen zu bringen. Das linke Hinterrad rollte über alle drei Fahrspuren und blieb neben dem rechten Fahrbahnrand liegen. Der Pkw wurde beschädigt.

Die Regulierung der Reparaturkosten erfolgte über die Vollkaskoversicherung des Klägers. Nicht von der Vollkaskoversicherung reguliert wurden dem Kläger entstandene Kosten für den Ersatz der unfallauslösenden Teile (eine Felge und zwei Reifen) in Höhe von 1.094,80 EUR. Zur Bemessung der unfallbedingten Wertminderung beauftragte der Kläger den Sachverständigen L. Für das unter dem 24.05.2017 erstellte Gutachten (Anl. K 4), in dem eine Wertminderung von 4.500,00 EUR festgestellt wurde, bezahlte der Kläger 1.575,92 EUR an den Sachverständigen L.

Der Kläger nutzte das mit großflächigen Werbeaufklebern für das Sportwagenunternehmen des Klägers folierte Fahrzeug als Show-Car und stellte es auf Automobilmessen mit einem entsprechenden Werbeeffekt als "Eye-Catcher" und Messehighlight aus.

Der Kläger behauptete (soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz), dass er Eigentümer des Pkws sei und dass die alleinige Ursache für den Unfall die ungenügende Befestigung des hinteren linken Rades durch die Mitarbeiter der Beklagten anlässlich des Reifentausches am 05.04.2017 gewesen sei.

Sein ihm durch den Unfall entstandener Schaden belaufe sich auf insgesamt 23.918,17 EUR. Neben unstreitigen 1.094,80 EUR für den Ersatz der unfallauslösenden Teile entfielen 5.610,85 EUR auf den vom Kläger im Rahmen der Vollkaskoregulierung zu tragenden Selbstbehalt, 1.237,60 EUR auf Transportkosten, die durch die Verbringung des Fahrzeugs zu einer Spezialwerkstatt in M. generiert worden seien, 855,00 EUR auf Kosten für die Abholung des Pkws in M., 9.044,00 EUR auf Nutzungsausfallentschädigung, 1.575,92 EUR auf Kosten für die Erholung eines Privatgutachtens zur Höhe der durch den Unfall eingetretenen Wertminderung sowie 4.500,00 EUR auf die Wertminderung.

Bei dem Fahrzeug handle es sich um ein Unikat mit einem Marktwert von 140.000,00 EUR und einem Wiederherstellungswert von 215.000,00 EUR, das es weltweit nur einmal gebe. Die Karosserie sei umgebaut, das Fahrzeug sei auf 830 PS hochgetunt und habe eine Sonderlackierung. Durch den Unfall sei am Fahrzeug ein merkantiler Minderwert in Höhe von 4.500,00 EUR entstanden.

Die Reparatur des Fahrzeugs habe erst am 22.06.2017 abgeschlossen werden können. Eine frühzeitigere Reparatur sei wegen des von der Vollkaskoversicherung zunächst in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens sowie der Schwierigkeit, eine zur Reparatur befähigte Fachwerkstatt zu finden, nicht möglich gewesen. Die Reparaturdauer von 76 Tagen sowie eine Nutzungsentschädigung in Höhe von E...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge