Leitsatz (amtlich)

1. Der Wirksamkeit eines vom Registergericht gefassten Beschlusses zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern einer Aktiengesellschaft nach § 104 Abs. 3 Nr. 2 AktG, deren vorangegangene Wahl zum Aufsichtsrat gerichtlich angefochten worden ist, steht nicht entgegen, dass der Beschluss während des laufenden Anfechtungsverfahrens gefasst wird.

2. Die gerichtliche Bestellung zum Aufsichtsrat nach § 104 Abs. 3 Nr. 2 AktG geht dem Wahlmandat vor.

3. Für die Wirksamkeit des gerichtlichen Bestellungsbeschlusses ist dessen Zustellung an den bestellten Aufsichtsrat nicht erforderlich, wenn das Aufsichtratsmitglied vorab sein Einverständnis mit der Übernahme des Mandats ggü. dem Registergericht erklärt hat und ihm der Beschluss formlos bekannt gemacht worden ist.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 29.06.2005; Aktenzeichen 5 HKO 10154/04)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Kläger zu 1), 2) und 3) gegen das Schlussurteil des LG I vom 9.6.2005 werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 2) 1/9, der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 3) jeweils 4/9.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung der Beklagten vom 29.4.2004 zur Entlastung des alten und zur Wahl des neuen Aufsichtsrats und des Abschlussprüfers, wobei an der Vorbereitung der Hauptversammlung neun Aufsichtsratsmitglieder mitgewirkt haben, die durch Gerichtsbeschluss vom 17.2.2004 bestellt worden sind, nachdem die in der vorangegangenen Hauptversammlung vom 14.5.2003 per Blockwahl durchgeführte Wahl des Aufsichtsrats, dem acht der neun gerichtlich bestellten Mitglieder angehörten, angefochten worden ist.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen landgerichtlichten Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Der Vorstand der Beklagten hat beim AG München - Registergericht - am 12.2.2004 den Antrag gestellt, die Herren Dr. B., D., K., Dr. M., Dr. Sc., Dr. Dr. h. c. Sch., Dr. Se., Prof. Dr. Si. und Prof. Dr. Dr. h. c. HS gem. § 104 AktG zu Mitgliedern des Aufsichtsrats der Beklagten zu bestellen. Sämtliche vom Vorstand zur Bestellung vorgeschlagene Personen haben vorab schriftlich ggü. dem Registergericht ihre Bereitschaft erklärt, das Amt anzunehmen. Das AG München - Registergericht - hat mit Beschluss vom 17.2.2004 (Az: HRB 42148, Anl. K 1) die Herren Dr. B., D., K., Dr. M., Dr. Sc., Dr. Dr. h. c. Sch., Dr. Se., Prof. Dr. Si. und Prof. Dr. Dr. h. c. HS gem. § 104 AktG zu Mitgliedern des Aufsichtsrats der Beklagten bestellt.

Der den Beschluss erlassende Richter hat verfügt

"II. Ausfertigung von I. an ... 3. bestellte Aufsichtsratsmitglieder (s.o.)".

Diese Verfügung wurde handschriftlich abgehakt, mit dem Datumsstempel "17. Feb. 04" und einer Unterschrift versehen. Die Beklagte hat 5 Anschreiben des AG München - Registergericht - mit Datum 17.2.2004 vorgelegt (Anlage B 15), in denen jeweils eine Ausfertigung dieses Beschlusses vom 17.2.2004 zur Kenntisnahme an Dr. Dr. h. c. Sch., Prof. Dr. Dr. h. c. HS, Dr. M., Dr. Sc. und K. übersandt wurde. Die gegen den Beschluss des AG München vom 17.2.2004 vom Kläger zu 1) und der Klägerin zu 3) eingereichten sofortigen Beschwerden wurden mit Beschluss des LG München I vom 27.4.2004 (Az.: 17 HKT 5856/04) verworfen. Die gegen diesen Beschluss eingelegten sofortigen weiteren Beschwerden hat das BayObLG mit Beschluss vom 9.7.2004 (Az.: 3 ZBR 099/04) verworfen. Die gegen den letztgenannten Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit Entscheidung vom 24.8.2005 (Az.: vf. 80-VI-04) abgewiesen.

Bei der Beklagten wurde am 25.2.2004 eine Aufsichtsratssitzung durchgeführt, in der der Beschluss des AG vom 17.2.2004 den Anwesenden bekannt gegeben und Dr. Dr. h. c. Sch., der bis Ende 2003 Vorsitzender des Vorstandes der Beklagten gewesen war, zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt worden ist. In der weiteren Aufsichtsratssitzung vom 10.3.2004, an der auch die am 25.2.2004 als einzige fehlenden Aufsichtsräte Dr. B. und Dr. Se. teilgenommen haben, wurde der Beschluss vom 17.2.2004 erneut bekannt gegeben und der Wahlvorschlag für den Aufsichtsrat einstimmig beschlossen (Protokolle dieser Aufsichtsratssitzungen nach Bl. 294 d.A.).

Bei der ordentlichen Hauptversammlung vom 29.4.2004 wurden die für die Restlaufzeit der Mandate im Wege der Einzelwahl vorgeschlagenen Herren Dr. B., D., K., Dr. M., Dr. Sc., Dr. Dr. h. c. Sch., Dr. Se., Prof. Dr. Si. und Prof. Dr. Dr. h. c. HS und Dr. Dö. sowie als Ersatzmitglied Dr. Mü. durch Einzelwahl mit jeweils mehr als 361 Mio. Stimmen mit "Ja" und jeweils weniger als 10 Mio. Stimmen mit "Nein" in den Aufsichtsrat gewählt. Die bei der ...

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