Leitsatz (amtlich)

1. Das Verlangen einer Schiedsvereinbarung durch den Ausrichter internationaler Sportwettkämpfe stellt nicht schlechthin einen Missbrauch von Marktmacht dar.

2. Ein Missbrauch von Marktmacht liegt jedoch vor, wenn ein marktbeherrschender Sportverband die Zulassung zu einem von ihm ausgerichteten Wettkampf von der Zustimmung zu einer Schiedsvereinbarung zugunsten des CAS abhängig macht, weil die Vorgaben für die Besetzung des für eine konkrete Streitigkeit zwischen Verbänden und Athleten zuständigen CAS-Kollegiums ein strukturelles Übergewicht der Verbände begründen, das die Neutralität des CAS grundlegend in Frage stellt.

3. Verletzt eine Schiedsvereinbarung zugunsten des CAS das kartellrechtliche Missbrauchsverbot, so ist ein gleichwohl ergangener Spruch des CAS nicht anerkennungsfähig, weil dadurch der Missbrauch in einer der öffentlichen Ordnung widersprechenden Weise perpetuiert würde.

 

Normenkette

LugÜ 2007 Art. 6 Nr. 1; EGBGB Art. 34; GWB a.F. § 19 Abs. 1; GWB § 19 Abs. 4 Nr. 2; UNÜ Art. V Abs. 2 lit. b

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 26.02.2014; Aktenzeichen 37 O 28331/12)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.07.2016; Aktenzeichen KZR 6/15)

BGH (Urteil vom 07.06.2016; Aktenzeichen KZR 6/15)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 26.2.2014 wird insoweit zurückgewiesen, als darin der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Klageantrag Ziffer 1. abgewiesen worden ist.

II. Im Übrigen ist die gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Klage zulässig.

III. Die Revision gegen die Entscheidung in Ziffer II. wird zugelassen.

 

Gründe

Teil 1

Die Klägerin ist eine international erfolgreiche Eisschnellläuferin, die ihren Lebensunterhalt mit der Ausübung dieses Sports verdient.

Die Beklagte zu 1. ist der deutsche nationale Fachverband für Eisschnelllauf mit Sitz in München. Die Beklagte zu 2. ist der internationale Fachverband für Eisschnelllauf mit Sitz in der Schweiz. Beide Verbände sind monopolistisch nach dem so genannten "Ein-Platz-Prinzip" organisiert, das heißt es gibt nur einen deutschen und nur einen internationalen Eisschnelllaufverband, die Wettkämpfe für die Sportart des Eisschnelllaufs auf nationaler beziehungsweise internationaler Ebene veranstalten.

Am 2.1.2009 unterzeichnete die Klägerin für die Teilnahme an den Eisschnelllauf-Mehrkampfweltmeisterschaften in Hamar/Norwegen am 7. und 8.2.2009 eine von der Beklagten zu 2. vorformulierte Wettkampfmeldung (vgl. Anl. K 3 = Anl. B 5). Ohne Unterzeichnung dieser Meldung wäre sie nicht zu dem Wettkampf zugelassen worden.

Ziffer VI. der Wettkampfmeldung nahm auf die Anti-Doping Regeln der Beklagten zu 2. Bezug und enthielt die Erklärung des jeweiligen Athleten, diese Regeln einzuhalten.

Ziffer I. der Wettkampfmeldung lautet in deutscher Übersetzung (vgl. S. 2 d. Schriftsatzes d. Beklagten zu 2. v. 28.3.2013 = Bl. 161 d.A.):

Ich/Wir, der/die Unterzeichner(in)

I) anerkenne die [Satzung der Beklagten zu 2.], die die Zuständigkeit der [Disziplinarkommission der Beklagten zu 2.] begründet (Artikel 24) und die den Court of Arbitration for Sports (CAS), in Lausanne, Schweiz, als das Schiedsgericht für den Erlass von endgültigen und bindenden Schiedssprüchen betreffend die [Beklagte zu 2.], ihre Mitglieder und alle Teilnehmer an [Veranstaltungen der Beklagten zu 2.] unter vollständigem Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit anerkennt (Artikel 25 und 26).

Die in Bezug genommenen Regelungen in der Satzung der Beklagten zu 2. betrafen die Zuständigkeit des Sportschiedsgerichtshofs Court of Arbitration for Sports (im Folgenden: CAS) mit Sitz in der Schweiz. Die Zuständigkeit des CAS in Verfahren der Berufung gegen Entscheidungen der Disziplinarkommission der Beklagten zu 2. war Gegenstand des Art. 25 der Satzung in der Fassung vom Juni 2008 (vgl. Anl. B 2] 1), der in seiner Ziffer 6. die Regelung enthielt, dass Entscheidungen des CAS abschließend und bindend unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit seien. Zur Zuständigkeit des CAS für erstinstanzliche Verfahren enthielt Art. 26 Ziffer 1. der Satzung 2008 in deutscher Übersetzung (vgl. S. 3 d. Schriftsatzes d. Beklagten zu 2. v. 28.3.2013 = Bl. 162 d.A.) folgende Regelung:

1. CAS Zuständigkeit

Alle Mitglieder, deren Mitglieder und alle anderen Personen, die für sich in Anspruch nehmen, aktuell oder zukünftig Teilnehmer in der [Beklagten zu 2.] oder in Wettbewerben [der Beklagten zu 2.], Meisterschaften, Kongress- oder anderen Aktivitäten zu sein, und die [Beklagte zu 2.] selbst unterwerfen sich bindender Schiedsgerichtsbarkeit nach den Regeln der ordentlichen Schiedskammer des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS), Lausanne, Schweiz, als der ausschließlichen Rechtsentscheidungsinstanz und Methode zur Entscheidung über alle Ansprüche oder Streitigkeiten, die nicht der Regelung in den Art. 24 und 25 unterfallen, nämlich:

a) Schadenersatz und Zahlungsansprüche, sowie andere Ansprüche, welche anderenfalls Gegenstand eines Klageverfahrens vor einem Zivilgericht sein könnten: (1) ge...

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