Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollzug eines unwirksamen Werkvertrags

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen der Unwirksamkeit des Werkvertrages in Folge inhaltlicher Unbestimmtheit.

2. Vollziehen die Parteien den Vertrag, kann der Unternehmer die übliche Vergütung verlangen.

 

Normenkette

BGB §§ 631, 683, 670, 812, 818

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 07.07.2009; Aktenzeichen 5 O 13180/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Endurteil des LG München I vom 7.7.2009 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach gemäß dem Klageantrag verurteilt.

Wegen der Anspruchshöhe wird das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG München I zurückverwiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 789.749,54 EUR

 

Gründe

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der Firma M. GmbH & Co. KG (künftig: Insolvenzschuldnerin) aus rückabgetretenem Recht restlichen Werklohn für Baureinigungsleistungen am Bauvorhaben Deluxe Hotel "..." der Beklagten in F. i.H.v. 789.747,54 EUR nebst Zinsen. Ferner begehrt der Kläger vorprozessuale Anwaltskosten i.H.v. 7.812 EUR (Anlage K 37). Die Beklagte hält mit dem vereinbarten Pauschalpreis von 38.500 EUR netto die erbrachten Leistungen für abgegolten und darüber hinausgehende Arbeiten nicht für erbracht oder vergütungspflichtig.

Das schlüsselfertig zu errichtende Bauvorhaben der Beklagten bestand aus einem Neubauteil mit 2 Untergeschossen und 4 Obergeschossen mit ca. 18.500 m2 Fläche und dem Umbau der ehemaligen Villa ... mit ca. 2.500 m2 Fläche, beinhaltend 163 Gästezimmer (darunter 36 Suiten und 1 Präsidentensuite) sowie Bar, Restaurant, Konferenzbereiche, Wellness- und Fitnessbereich und etwa 140 Tiefgaragenstellplätze (Anlage B 2). Die Netto-Grundfläche betrug insgesamt 22.257,35 m2.

Am 10.8.2005 trafen sich die späteren Vertragsparteien auf der Baustelle. Mit Schreiben vom 12.8.2005 bot die Insolvenzschuldnerin der Beklagten zu Händen des kaufmännischen Mitarbeiters V. Leistungen und Preise an gegliedert nach 12 verschiedenen Bereichen des Bauvorhabens (Anlagenkonvolut K 4). Beispielsweise ist Ziff. 9 überschrieben mit "Verrechnungssätze Baureinigung 4.629,84 qm Verkehrsflächen" und lautet wörtlich:

"9.1

Baureinigung zur Vorabnahme (je nach Bodenbelag Bürstsaugen oder Feuchtwischen)

pro qm und Ausführung

0,510 EUR/netto

9.2

Zwischenreinigung auf gesonderte Anordnung, Abrechnung auf Stundennachweis

Grobreiniger

15,40 EUR Mannstunde/netto

Feinreiniger

15,80 EUR Mannstunde/netto

(inkl. Material, Chemie und Geräte)

9.3

Feinreinigung zur Übergabe an Bauherr

pauschal pro Ausführung

2.100 EUR/netto

Vorgenannte Verrechnungssätze sind an allen Werktagen gültig. Für Leistungen an Sonn- und Feiertagen wird ein Aufschlag von 87,5 % in Rechnung gestellt."

Am 16.8.2005 wurde für die Insolvenzschuldnerin eine handschriftliche "Anlage zum Angebot" mit der Überschrift "Absummierung" unterzeichnet (Anlagenkonvolut K 4).

Am 16.8.2005 trafen sich die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte - vertreten durch den Projektleiter A. und V. - erneut und erstellten ein "Verhandlungsprotokoll" zum Gewerk "Baugrob-, Bauendreinigung" durch handschriftliche Eintragungen in ein Formular der Beklagten (Anlage K 1). In Ziff. 1 werden u.a. die VOB/B und das Angebot vom 12.8.2005 zur "Vertragsgrundlage" gemacht. In Ziff. 3.3 des Verhandlungsprotokolls ist ein endgültiger Angebotspreis von 38.500 EUR netto eingetragen. Ziff. 4 ist überschrieben mit "Leistungsumfang" und lautet auszugsweise wörtlich:

"Der NU verpflichtet sich, im Rahmen und zu den Bedingungen dieses Verhandlungsprotokolls und der dazugehörigen Bestandteile gem. Ziff. 1 zu dem in Ziff. 3 genannten Angebotspreis im Auftragsfalle die verhandelten Leistungen inkl. der erforderlichen Nebenleistungen komplett zu erbringen."

Weiter ist in Ziff. 4.2 angekreuzt:

"Massenänderungen berechtigen nicht zu Preisänderungen nach § 2.3 VOB/B weil ..."

Unter Ziff. 5 "Vergütung" ist angekreuzt:

"Der verhandelte Angebotspreis ist ein Pauschalpreis für die vollständige fach-, funktions- und termingerechte Ausführung der vertraglichen Leistung."

In Ziff. 7 "Ausführungsfristen" ist der 17.8.2005 als Ausführungsbeginn und der 14.11.2005 als Fertigstellungstermin eingetragen.

Das Verhandlungsprotokoll endet mit dem handschriftlichen, gesondert für die Beklagte unterzeichneten Zusatz:

"Auftrag vorab erteilt".

Am 17./18.8.2005 unterzeichneten die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte einen "Auftrag" (Anlagenkonvolut K 3). Darin erteilte die Beklagte

"gemäß dem Verhandlungsprotokoll vom 16.8.2005 den Auftrag zur Durchführung der nachstehenden Arbeiten:

Bauvorhaben:

... Hotel

Gewerk:

Baureinigung

Vertragsfristen:

entfällt ...

Vorläufige Auftragssumme:

netto 38.500 EUR

Auftragsgrundlagen entsprechend dem o.g. Verhandlungsprotokoll, geltend in der dort aufgeführten Reihenfolge ...

Ihre Leistung umfasst:

Pos.

Leistung

Einheit

MengeEP

ge...

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