Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweis fehlenden Rechtsgrunds durch fordernden Gläubiger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Bereicherungsgläubiger als anspruchstellender Partei obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der vom Bereicherungsschuldner in Erfüllung dessen Mitwirkungspflicht genannte Rechtsgrund nicht besteht. Ist der Beweis hierüber geführt und ein anderer Rechtsgrund nicht, auch nicht hilfsweise, vorgetragen, so ist die Rückforderungsklage begründet.

2. Rechtfertigt die Gesamtheit der der Entscheidung zugrunde zu legenden tatsächlichen Umstände - hier: Weiterleitung der von der Fondsgesellschaft als "Entgelt für Beratungsleistungen" an den Bereicherungsschuldner gezahlten Beträge vom Bereicherungsschuldner an die Initiatoren des Fonds - die Überzeugung, dass der behauptete Rechtsgrund für die Zahlung nicht existiert, so ist - mangels hilfsweise vorgetragenen anderweitigen Rechtsgrundes - der Beweis der Rechtsgrundlosigkeit der Zahlung geführt.

3. Obgleich alleine aus dem Gebrauchmachen von dem Aussageverweigerungsrecht gem. § 384 Nr. 2 ZPO in der Regel keine Schlüsse zum Nachteil einer Partei gezogen werden können, so ist doch der Umstand der Weigerung im rahmen der Beweiswürdigung in die Gesamtwertung der feststehenden Umstände einzubeziehen.

4. Ein Vertrag, durch welchen die Vertragsparteien - hier die Initiatoren namens der Fondsgesellschaft einerseits und der Bereicherungsschuldner andererseits - einen Dritten - hier die künftigen Anleger - durch bewusstes Zusammenwirken schädigen, verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass die in Erfüllung der sittenwidrigen Vereinbarung geleistete Zahlung an den Bereicherungsschuldner eines gültigen Rechtsgrundes entbehrt.

5. Die Vorschrift des § 814 BGB kommt als Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben nicht zur Anwendung, wenn der Leistungsempfänger trotz Kenntnis des Leistenden vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit nicht darauf vertrauen darf, das Empfangene behalten zu dürfen.

6. Die Rückforderung der in Erfüllung einer sittenwidrigen Absprache geleisteten Zahlung scheitert nach der ratio legis dann nicht an § 817 Satz 2 BGB, wenn die zu Lasten Dritter wirkende und eben aus diesem Grunde sittenwidrige Absprache über die Vermögensverschiebung infolge der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB verfestigt und legalisiert würde.

7. Die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis von Anspruchsgrund und der Person des Anspruchsgegners wird der Gesellschaft dann nicht gem. § 166 BGB durch die Kenntnis ihres vertretungsberechtigten Organs vermittelt, wenn sich der Anspruch der Gesellschaft gegen das Organ selbst richtet. Die Kenntniszurechnung ist darüber hinaus ausgeschlossen hinsichtlich der Ansprüche gegen Dritte, die aus demselben Komplex hergeleitet werden können.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, §§ 166, 814, 817 S. 2; ZPO § 384 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 10.09.2008; Aktenzeichen 11 O 4982/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG München II vom 10.9.2008 abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 840.373,27 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 27.5.2002 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 840.373,27 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Objektgesellschaft im F.-Firmenverbund, fordert von dem Beklagten Rückzahlung einer im Jahr 2002 auf eine Rechnung des Beklagten für Beratungsleistungen entrichteten Zahlung.

Die mit Gesellschaftsvertrag vom 10.12.2001 (Anlage K 1) gegründete Klägerin erwarb mit notarieller Urkunde vom selben Tag (Anlage K2) in Übereinstimmung mit ihrem Gesellschaftszweck von der ... zum Kaufpreis von netto 24.081.847 EUR eine Gewerbefläche in ..., zum Zwecke der langfristigen Vermietung. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ohne eigene Einlage war anfänglich die H.-GmbH (künftig H.-GmbH). Deren Geschäftsführer waren F., E. und S., deren Gesellschafterin die F. GmbH & Co. KG. F., E. und S. waren auch geschäftsführende Kommanditisten der Klägerin. Einzige weitere Kommanditistin der Klägerin - ohne Geschäftsführungsbefugnis - wurde die Verkäuferin des Grundstücks, die ...

Die Finanzierung des Kaufpreises erfolgte gemäß der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Konzeption u.a. über die Kapitaleinlage der F. Beteiligungsgesellschaft ... GmbH & Co. KG (künftig: Fonds), die als atypisch stille Beteiligte gesellschaftsvertraglich an der Klägerin beteiligt ist. Die Fondsgesellschaft wurde im November 2001 von der H.-GmbH als Komplementärin und F., E. und S. als Kommanditi...

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