Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassung. Vermächtnisanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Besteht eine Überschuldung des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalles, so müssen die Erben den Konkurz über den Nachlass eröffnen, woraufhin die Einrede der Überschwerung nicht mehr greift.

 

Normenkette

BGB § 2174

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 11.10.1995; Aktenzeichen 23 O 16695/94)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 11. Oktober 1995 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.270.000,– DM abwenden/wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger wird nachgelassen, die Sicherheit durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte, schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft der … zu erbringen. Den Beklagten wird nachgelassen, die Sicherheit durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte, schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft der … zu erbringen.

IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten beträgt 1.200.000,– DM.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten, seine Brüder, Ansprüche aus einem Vermächtnis geltend.

Mit privatschriftlichem Testament vom 04.11.1984 setzte der am 06.02.1985 verstorbene Vater der Parteien die Beklagten zu 1) und 2) als Alleinerben ein.

Unter Ziffer 2 enthielt das Testament folgenden Text:

„Ich bestimme folgende Vermächtnisse:

a) Mein Sohn … erhält den Grundbesitz und Gebäude in … – mit der Maßgabe, daß meiner Frau … ein lebenslanger Nießbrauch eingeräumt wird und darüber hinaus meinen Söhnen … ein notarielles Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen wird.”

1989 erwirkte der Kläger die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Wege der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I (Aktenzeichen: 30 O 7390/89).

Mit Schriftsatz vom 23.06.1989 in dem dortigen Verfahren führte der damalige und heutige Prozeßbevollmächtigte der Beklagten aus, daß der Vermächtnisanspruch des Antragstellers völlig unstreitig sei und daß überhaupt keine Risiko zu sehen sei, warum dieser Anspruch nicht erfüllt werden solle.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, das Grundstück Gemarkung … Grundbuch des Amtsgerichts … an den Kläger aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.

Die Beklagten haben beantragt:

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Nachlaß sei überschuldet gewesen.

Außerdem sei das Vermächtnis an den Kläger konkludent dadurch bedingt, daß der Fortbestand des Unternehmens gesichert sei. Die finanzielle Lage des Unternehmens erlaube nicht die Erfüllung des Vermächtnisses.

Darüber hinaus stehe den Beklagten die Einrede nach § 1992 Satz 1 BGB zu. Schließlich machten die Beklagten auch hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB geltend, weil ihnen Untervermächtnisse auf Eintragung von Vorkaufsrechten im Grundbuch gegenüber dem Kläger zustehen würden.

Mit Endurteil vom 11.10.1995 gab das Landgericht München I der Klage statt. Zur Begründung führte das Landgericht im wesentlichen folgendes aus:

Dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche aus dem Vermächtnis zu. Einwendungen hiergegen griffen nicht durch:

  1. Das Vermächtnis stehe nicht unter der Bedingung des Fortbestandes des väterlichen Unternehmens. Hierfür gebe das Testament keine Anhaltspunkte.
  2. Auf die angebliche Überschuldung des Nachlasses könnten sich die Beklagten nicht berufen. Ob eine Überschuldung vorgelegen habe, könne dahinstehen. Denn bei Bestehen der Überschuldung des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalles hätten die Beklagten gemäß § 1980 Abs. 1 Satz 1 BGB den Konkurs über den Nachlaß eröffnen müssen.

    Sobald eine Pflicht zur Konkurseröffnung nach § 1980 BGB bestehe, sei § 1992 BGB nicht mehr anwendbar.

  3. Das Berufen der Beklagten auf Überschuldung sei verwirkt, da die Beklagten bisher nicht den Einwand der Überschuldung erhoben hätten. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung hätten sie den Anspruch ausdrücklich nicht bestritten.
  4. Ein Zurückbehaltungsrecht greife nicht durch, denn die Beklagten hätten sich selbst im Grundbuch eintragen lassen können, da sie im Grundbuch als Erbengemeinschaft eingetragen seien.

Dieses Urteil wurde den Beklagten am, 23.02.1996 zugestellt. Die Beklagten haben hiergegen mit Schriftsatz vom 20.03.1996, eingegangen beim Oberlandesgericht München am gleichen Tage, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 12.07.1996 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 12.07.1996, eingegangen bei Gericht am selben Tage, begründet. Sie verfolgen ihren Klageabweisungsantrag weiter und machen geltend:

  1. Der Nachlaß sei mit 1,185 Millionen DM überschuldet gewesen, weil Vermögenswerten von 1,9 Millionen DM Verbindlichkeiten von 3,0 Millionen DM gegenüber gestanden seien. Hinzu seien die Erbfallschulden für Beerdigung etc. in Höhe von 85.000,– DM gekommen. Diese Schulden seien auch mehrfach in ...

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