Normenkette

BGB §§ 138, 1585c

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 563 F 2568/02)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG München – FamG – vom 27.8.2002 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen des anhängigen Ehescheidungsverfahrens über die Wirksamkeit eines Ehevertrages.

Der damals 33 Jahre alte Antragsteller und die 22-jährige Antragsgegnerin haben am 30.12.1993 die Ehe geschlossen. Der Antragsteller ist Deutscher, die Antragsgegnerin hat die britische Staatsangehörigkeit. Aus der Ehe sind die am 25.6.1996 geborene Tochter K. und der am 17.7.1999 geborene Sohn A. hervorgegangen, die seit Trennung der Parteien im Februar 2001 von der Mutter betreut werden.

Die Parteien haben kurz nach der Eheschließung am 2.2.1994 einen notariellen Ehevertrag geschlossen. Hierin wurde Gütertrennung vereinbart, der Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart sowie wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichtet.

Die Antragsgegnerin hat im Scheidungsverbund die Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich anhängig gemacht. Außerdem erstrebt sie die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Für das Scheidungsverfahren wurde einschl. aller anhängiger Folgesachen Prozesskostenhilfe beantragt. Das FamG bewilligte der Antragstellerin mit Beschluss vom 27.8.2001 Prozesskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren und die Folgesache nachehelicher Unterhalt. Für die Folgesachen Versorgungsausgleich und Güterrecht wurde im Hinblick auf den Ehevertrag Prozesskostenhilfe versagt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, der nicht abgeholfen wurde.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist sachlich nicht begründet. Der Senat teilt die Einschätzung des FamG zur Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu den Folgesachen Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich in vollem Umfang. Auf die ausführliche Begründung des Beschlusses vom 7.8.2002 wird Bezug genommen.

Der Ehevertrag vom 2.2.1994 wird nach dem bisherigen Streitstand einer richterlichen Inhaltskontrolle jedenfalls insoweit standhalten, als dort auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet und Gütertrennung vereinbart wurde.

Das BVerfG hat in zwei Entscheidungen vom 6.2.2001 und 29.3.2001 (BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, MDR 2001, 392 = FamRZ 2001, 343 und v. 29.3.2001 – 1 BvR 1766/92, FamRZ 2001, 985) bestimmt, dass Eheverträgen dort Grenzen zu setzen sind, wo jene nicht Ausdruck und Ergebnis gleichberechtigter Lebenspartnerschaft sind, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegeln und zu einer einseitigen Lastenverteilung führen (vgl. eingehend Bergschneider, FamRZ 2001, 1337).

Darüber hinaus wurde der das Vertragsrecht beherrschende Grundsatz der Privatautonomie nicht angetastet. Eheverträge nach § 1408 BGB sind nach wie vor zulässig, ebenso vertragliche Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt (§ 1585c BGB).

Beiden Entscheidungen des BVerfG lagen besondere Fallgestaltungen zugrunde. In beiden Fällen war die (künftige) Ehefrau bei Vertragsabschluss schwanger. In den Eheverträgen wurde einseitig auf Rechte verzichtet und/oder eine unzumutbare Zahlungsverpflichtung (Freistellung vom Kindesunterhalt) übernommen, sodass eine einseitige Benachteiligung des schwächeren Partners offenkundig war.

Eine nur annähernd vergleichbare Situation besteht hier nicht. Die Antragsgegnerin hat den Ehevertrag nach der Eheschließung abgeschlossen. Sie trägt selbst vor, dass die Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages davon ausgingen, dass sie keine gemeinsamen Kinder haben wollten. Die Antragsgegnerin ist nach der Eheschließung unstreitig bis jedenfalls Juni 1996 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Die Lebensplanung der Parteien war offenbar nicht dahin gehend ausgerichtet, dass sich die Antragsgegnerin allein der Haushaltsführung und Kindesbetreuung widmen sollte.

Waren gemeinsame Kinder bei Eheschließung und Abschluss des Ehevertrags nicht geplant, besteht zunächst kein Indiz für eine einseitige Benachteiligung der Interessen der Ehefrau beim Ausschluss des Versorgungsausgleichs und der Wahl der Gütertrennung. Die spätere Ausgleichspflicht eines der Ehegatten hängt von der beruflichen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Vermögensentwicklung während der Ehe ab und ist bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar.

Die Antragsgegnerin übersieht, dass es für die Frage der einseitigen Dominanz eines Ehegatten bei Vertragsabschluss und der Benachteiligungsabsicht auf die Verhältnisse und die Vorstellung der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen ist und nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse beim Scheitern der Ehe. Ändern sich die Verhältnisse nach Vertragsabschluss in einer nicht vorhergesehenen Weise, führt dies nicht rückwirkend zur Sittenwidrigkeit des Vertrages. Es kommt lediglich eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls bzw. der Änderung der Geschäftsgrundlage nach § 24...

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