Entscheidungsstichwort (Thema)

Betäubungsmittelstrafrecht: Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben durch Aufbewahrung von Betäubungsmitteln

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Allein der Umstand, dass ein Dritter Betäubungsmittel beim Angeklagten “gebunkert„ hat, um sie gewinnbringend zu veräußern, lassen noch nicht die Feststellung zu, der Angeklagte habe sich wegen täterschaftlichen Handeltreibens strafbar gemacht.

2. a) Auch auf den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sind die allgemeinen Regeln zur Abgrenzung von (Mit-)Täterschaft und Beihilfe anzuwenden. Die Weite des Begriffs des Handeltreibens darf nicht dazu verleiten, eine mit den Grundsätzen der §§ 25 ff StGB nicht zu vereinbarende Einheitstäterschaft einzuführen, indem jede möglicherweise unter das Merkmal des Handeltreibens zu subsumierende Tätigkeit ohne Rücksicht auf ihr Gewicht für das Gesamtgeschehen und auf das Interesse des Beteiligten am Gelingen des Umsatzgeschäfts mit täterschaftlichem Handeltreiben gleichgesetzt wird.

b) Entscheidend hierfür ist, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen und im Hinblick auf das Umsatzgeschäft zukommt, insbesondere, welche Gestaltungsmöglichkeiten der Angeklagte hinsichtlich des Umsatzes des Rauschgifts hatte, ob er ein eigenes Interesse am Umsatz hatte und hieran unmittelbar beteiligt war (vgl. BGH NJW 2007, 1220/1221).

c) Beschränkt sich beispielsweise der Tatbeitrag eines Angeklagten darauf, beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln einen Aufbewahrungsort zu besorgen, die Verkäufer beim Absatz zu begleiten und einmal beim Abwiegen der verkauften Betäubungsmittel zu helfen, Tatbeiträge, die über diejenigen des Angeklagten, die das Landgericht bisher festgestellt hat (Aufbewahrung des Rauschgifts, Schlüsselübergabe), hinausgehen, liegt auch dann lediglich Beihilfe zum Handeltreiben vor, wenn sich der Angeklagte einen finanziellen Vorteil in Form eines fest vereinbarten Entgeltes zusichern lässt.

3. Kann der Zweck, zu dem dem Angeklagten das Rauschgift zur Aufbewahrung übergeben wurde, nicht festgestellt werden, kommt eine Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Ziff. 2 BtMG) in Betracht.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 28.06.2007)

AG München (Urteil vom 28.11.2006)

 

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 28. Juni 2007 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht/Schöffengericht München verurteilte den Angeklagten am 28.11.2006 wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft änderte das Landgericht München I dieses Urteil dahingehend ab, dass es den Angeklagten am 28.6.2007 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten verurteilte. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten wurde verworfen.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

II.

Die statthafte (§ 333 StPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) Revision des Angeklagten hat - jedenfalls vorläufig - mit der erhobenen allgemeinen Sachrüge Erfolg.

1. Der durch das Landgericht festgestellte Sachverhalt wird durch die erhobenen Beweise nicht getragen.

a) Das Landgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt (BU S. 19):

Am 16.11.2005 bewahrte der Angeklagte H gegen 16:00 Uhr in seiner Wohnung in der ###-Straße 19 in M wissentlich und willentlich insgesamt 144,98g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 6%, dies entspricht 8,6g an reinem Tetrahydrocannabiol, auf. Das Rauschgift hatte eine dritte unbekannte Person mit Wissen und Einverständnis des Angeklagten dort gegen Entgelt deponiert. Damit die unbekannte Person ständigen Zugriff auf das Marihuana haben und dieses gewinnbringend weiterveräußern konnte, übergab der Angeklagte dieser einen Schlüssel seiner Wohnung. Der Angeklagte hatte - wie er wusste - nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.

b) Das Landgericht hat hierzu folgende Beweise erhoben:

aa) Der Angeklagte habe angegeben, vom Zeugen D gebeten worden zu sein, für diesen eine größere Menge Marihuana in seiner Wohnung zu bunkern. D habe beabsichtigt, das Marihuana gewinnbringend weiterzuveräußern. Über die Dauer der Aufbewahrung und eine eventuelle Gegenleistung sei zwischen beiden nicht gesprochen worden. Am 14. oder 15.11.2005 sei D mit einer Plastiktüte in seine Wohnung gekommen; er habe sich selbst davon überzeugen können, dass es sich bei dem Inhalt um Marihuana gehandelt habe. Die Tüte sei unter seinem Bett versteckt worden. Damit D jederzeit - d.h. auch bei seiner...

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