Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung einer Wohnungsreallast ins Grundbuch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vereinbart der Eigentümer ohne Festlegung der Räume allgemein mit dem Berechtigten, diesem Wohnraum mit einer bestimmten Größe und Qualität zur Verfügung zu stellen, so handelt es sich um eine Wohnungsreallast. (Rn. 26)

2. Hat das Grundbuchamt stattdessen eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) eingetragen, ist diese Eintragung inhaltlich unzulässig und von Amts wegen zu löschen. (Rn. 30)

 

Normenkette

BGB §§ 1093, 1105; GBO § 53

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Weilheim i. OB - Grundbuchamt - vom 5. August 2016 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, das im Grundbuch von Haid Bl. 811 in der Zweiten Abteilung unter lfd. Nr. 3 eingetragene Wohnungs- und Mitbenützungsrecht sowie den dort unter lfd. Nr. 5 eingetragenen Widerspruch von Amts wegen zu löschen.

III. Des Weiteren wird das Grundbuchamt angewiesen, über die Eintragung einer Wohnungsreallast und einer Dienstbarkeit auf Garagennutzung nach Maßgabe der folgenden Gründe neu zu entscheiden.

IV. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

V. Von einer Erhebung von Kosten wird abgesehen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 3 ist als Eigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.

Den Grundbesitz hatte der Beteiligte zu 3 aufgrund Übergabevertrags mit seinen Eltern, den Beteiligten zu 1 (Mutter) und 2 (Vater), vom 7.4.2016 erhalten.

In der Urkunde wurden zugunsten der Beteiligten zu 1 und 2 Austragsleistungen (Ziff. III. der Urkunde) vereinbart wie folgt:

"2. Er [der Beteiligte zu 3] räumt dem Übergeber - im folgenden auch als 'Berechtigter' bezeichnet - als Berechtigten in Gütergemeinschaft, ab dem Tode des Erstversterbenden dem Überlebenden allein vom Tag des Besitzübergangs an, unentgeltlich und auf Lebensdauer folgende Rechte ein:

a) Der Übernehmer verpflichtet sich, dem Übergeber im Vertragsanwesen ... unentgeltlich Wohnung zu gewähren."

Der Übergeber kann die alleinige und ausschließliche Benutzung einer mindestens 90 m2 großen Wohnung im Erdgeschoss verlangen, ferner die alleinige Benutzung des rechten Stellplatzes in der Garage und die Mitbenützung aller dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Hausbewohner dienenden Räume, Einrichtungen und Anlagen, insbesondere von Keller, Speicher, Werkstatt, Hof und des Gemüse- und Ziergartens, soweit im Anwesen vorhanden. ... Die Räume des Berechtigten hat der Übernehmer auf seine Kosten stets in gut wohnlichem Zustand, insbesondere beheizbar und mit elektrischem Licht beleuchtbar zu erhalten und zu heizen.

Die Kosten für Schönheitsreparaturen, wie Tünchen und dergleichen, trägt der Übernehmer.

Der Berechtigte hat Anspruch auf freie Beheizung, freie Beleuchtung, freien Wasser- und Strombezug (auch für eigene Elektrogeräte) und das Recht der freien Bewegung im Anwesen.

Für den Berechtigten besteht ein eigener Telefon- und Internetanschluss; die Kosten hierfür trägt der Übernehmer bis zu einem Höchstbetrag von monatlich EUR 50,00.

b) Der Berechtigte darf ferner alle vorhandenen Haushaltsmaschinen und -gerätschaften, Radio, Fernsehgerät, Zeitung, soweit sie im Anwesen vorhanden sind, und auch alle landwirtschaftlichen Gerätschaften und Werkzeuge, soweit sie heute mitübergeben sind, zum eigenen Bedarf mitbenützen.

...

Des Weiteren regelt der Vertrag, dass im Falle von Krankheit oder Gebrechlichkeit auf Verlangen der Übernehmer dem Berechtigten täglich eine volle standesgemäße Kost und Verpflegung einschließlich Getränken zu gewähren hat. Auch hat der Übernehmer für einen privaten Haftpflichtversicherungsschutz des Übergebers zu sorgen.

In Ziff. VII. (Auflassung und Grundbuchanträge) ist unter 2. vereinbart:

Der Übernehmer bestellt hiermit dem Berechtigten zu dem in Abschnitt III Ziff. 2 dieser Urkunde genannten Anteils- oder Gemeinschaftsverhältnis für das in Abschn. III. Ziff. 2a eingeräumte Wohnungsgewährungsrecht und für die übrigen in Abschn. III Ziff. 2 genannten Leistungen eine Reallast am gesamten übergebenen Grundbesitz - ausgenommen Miteigentumsanteile und Nutzungsrechte -, wie er vorgetragen ist im Grundbuch ... Die Eintragung der Reallast im Grundbuch wird bewilligt und beantragt mit dem Zusatz, dass zur Löschung des Rechts der Nachweis des Todes der Berechtigten genügen soll.

Der Eigentümer behält sich vor, im Rang vor der hier bestellten Reallast für beliebige Gläubiger Grundpfandrechte bis zu einem Gesamtbetrag von ... zu bestellen.

In Ziff. IX. der Urkunde wird der Notar beauftragt, den grundbuchamtlichen Vollzug der Urkunde durchzuführen, und ihm Vollmacht erteilt, Eintragungsbewilligungen und Erklärungen auch rechtsgeschäftlicher Art zur Durchführung dieser Urkunde abzugeben.

Auf Antrag vom 27.4.2016/1.6.2016 hat das Grundbuchamt in Abteilung II unter lfd. Nr. 3 ein Wohnungs- und Mitbenützungsrecht für die Beteiligten zu 1 und 2 eingetragen, zudem unter lfd. Nr. 4 eine Reallast (Kost und Verpflegung, Zahlung Geldbetrag) wertgesichert für die Beteiligten zu ...

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