Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsfall "Sturm" in der Gebäudeversicherung - Unmittelbare Einwirkung des Sturmes und Werfen von Gegenständen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine unmittelbare Einwirkung des Sturmes ist anzunehmen, wenn die versicherte Sache durch den Druck oder Sog aufprallender Luft beschädigt oder zerstört wird. Keine Unmittelbarkeit ist daher gegeben, wenn durch den Sturm Regenwasser in das Innere einer Mauer getrieben und so nur die Vernässung der Mauer beschleunigt wurde, die letztlich zu deren Zusammenbrechen geführt hat. (Rn. 9)

2. Wird durch den Sturm Regenwasser durch vorhandene Risse der Mauerwerksfugen in das Innere der Mauer getrieben, so erfüllt dies nicht die Voraussetzungen einer Beschädigung versicherter Sachen dadurch, das ein Sturm Gebäudeteile, Bäume oder anderen Gegenstände wirft, weil - ohne dass entschieden werden muss, ob Regen überhaupt als "anderer Gegenstand" im Sinne dieser Klausel aufzufassen ist - in diesem Fall die Zerstörungskraft des Regens nicht durch die Bewegungsenergie des Sturms bestimmt wird.

 

Normenkette

VGB 2010 A. § 4 Nrn. 1 a, 2

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 28.05.2019; Aktenzeichen 21 O 1634/17 Ver)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolsadt vom 28.05.2019, Az. 21 O 1634/17 Ver, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

Nach einstimmiger Auffassung des Senats hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Berufung aufgezeigten Gesichtspunkte rechtfertigen keine hiervon abweichend Beurteilung.

1. Die Berufung greift ohne Erfolgsaussichten die vom Senat nur eingeschränkt gemäß § 529 Abs. 1 ZPO überprüfbaren Beweiswürdigung des Landgerichts an. Das Landgericht hat dargelegt, dass es aufgrund des meteorologischen Gutachtens nicht mit hinreichender Sicherheit davon überzeugt ist, dass am Schadensort sicher eine Windgeschwindigkeit von mindestens 63 km/h geherrscht hat. Die Einwendungen der Berufungsbegründung rechtfertigen keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist der Senat an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich etwa daraus ergeben, dass Beweislast oder Beweismaß verkannt wurden, beweiswürdigende Darlegungen nachvollziehbaren Grundlagen entbehren, ein lückenhaftes Sachverständigengutachten ohne Ergänzung geblieben ist, oder aus Verfahrensfehlern, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (Thomas/Putzo - Reichold, ZPO, 40. Auflage 2019, § 529 ZPO, Rz. 2; Stackmann, NJW 2003, 169, 171; BGH, Urteil vom 12.03.2004 - Az. V ZR 257/03, NJW 2004, 1876). Vorliegend bestehen jedoch keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der enscheidundgserheblichen landgerichtlichen Feststellungen beziehungsweise an der Richtigkeit der Beweiswürdigung durch das Landgericht.

Die Beweislast für das Vorliegen eines Sturmes im Sinne von § 7 Nr. 1 Satz 1 der Versicherungsbedingungen trägt die Klägerin. Der Versicherungsnehmer hat den Vollbeweis zu erbringen, dass am Schadenstag auf dem Grundstück ein Sturm mit Windstärke 8 herrschte (Armbrüster, in Prölss/Martin, 30. Auflage, 160 VGB A. § 4 Rz. 1) . Das Landgericht hat zur Behauptung der Klagepartei, am 29.05.2016 habe im Bereich Blaufelden, Steinbruch 1, ein Sturm mindestens der Windstärke 8, also einer Windgeschwindigkeit von mindestens 63 km/h geherrscht, Beweis erhoben durch die Einholung eines amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes. Das von der Sachverständigen S. B. erstattete Gutachten hat das Gericht ausführlich gewürdigt. Die Sachverständige kam in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, dass am 29.05.2016 am Schadensort sehr wahrscheinlich Windstärke 7 BFT erreicht wurde. Aufgrund der Wetterlage und örtlicher Gegebenheiten seien ferner wahrscheinlich auch Windspitzen der Windstärke 8 BFT aufgetreten. Das Gericht hat sich aufgrund der Angaben der Sachverständigen nicht mit hinreichender Sicherheit die Überzeugung bilden können, dass am Schadensort eine Windgeschwindigkeit von mindestens 63 km/h geherrscht habe. Dies ist nicht zu beanstanden, da die Festst...

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