Leitsatz (amtlich)

1. Zum außerordentlichen Informationsrecht des Kommanditisten.

2. Eine Betriebsprüfung mit möglicherweise nachteiligen steuerlichen Folgen stellt für sich genommen keinen wichtigen Grund i.S.v. § 166 Abs. 3 HGB dar. Das gilt insbesondere dann, wenn die Gesellschaft Rechtsmittel gegen die geänderten Grundlagenbescheide einlegt.

3. § 35 FamFG regelt nur die Durchsetzung gerichtlicher Anordnungen, die innerhalb eines laufenden Verfahrens erlassen werden. Die Vollstreckung von Endentscheidungen richtet sich nach Abschnitt 8 "Vollstreckung" des FamFG. Für die Vollstreckung einer Informationsverpflichtung nach § 166 Abs. 3 HGB verweist § 95 FamFG auf die Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung.

 

Normenkette

HGB § 166 Abs. 3; FamFG § 35

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 17.12.2009; Aktenzeichen HRA 86032 (Fall 21))

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG München - Registergericht vom 24.11.2009, ergänzt durch Beschluss vom 17.12.2009, aufgehoben.

II. Der Antrag vom 4.11.2009 in der Fassung vom 26.2.2010 wird zurückgewiesen.

III. Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.

IV. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

V. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller verlangt Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Antragsgegnerin, eines Medienfonds in der Rechtsform einer Publikums-KG. Er ist als Kommanditist mit einer Einlage von nominal 1.500 EUR seit 28.6.2006 im Handelsregister eingetragen, nachdem die 2005 vereinbarte Beteiligung mit 15.000 EUR über eine Treuhänderin in eine unmittelbare Beteiligung umgewandelt wurde.

Nach § 13 des Gesellschaftsvertrages haben die Direkt-Kommanditisten und die Treugeber die Rechte aus § 166 HGB, wobei diese bezüglich der Unterlagen über die Produktion der Filmprojekte nur durch einen standesrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichteten Einsichtsbevollmächtigten wahrgenommen werden dürfen und ein wichtiger Grund darzulegen ist.

Der Antragsteller sieht aufgrund der geänderten Auffassung der Finanzbehörden zur steuerlichen Behandlung von Medienfonds mit Leasingstruktur seine Interessen als Kommanditist gefährdet, da erhebliche nachträgliche Steuerforderungen gegen jeden einzelnen Zeichner zu erwarten seien. Er hat mit Schriftsatz vom 4.11.2009 die Mitteilung des vollständigen Inhalts folgender Unterlagen durch Übersendung von Kopien verlangt:

Sämtlicher Geschäfts- und Vertragsunterlagen, Bücher und Papiere der Gesellschaft, insbesondere Unterlagen der Investitionsphase, dort namentlich beispielhaft

  • Prospektprüfungsberichte,
  • Schuldübernahmeverträge,
  • Vertrag über die Vermittlung von Schuldübernahmeverträgen,
  • Lizenzverträge,
  • Produktionsdienstleistungsverträge,
  • Eigenkapitalvermittlungsverträge,
  • Geschäftsbesorgungsverträge,
  • Verträge über Fertigstellungsgarantien,
  • Verträge über Stoff- und Nebenrechte,
  • Management- und Beratungsverträge,
  • Vertrag über die Fondskonzeption,
  • Vertrag über Einzahlungs- und Platzierungsgarantie,
  • sämtliche Abrechnungen zwischen Antragsgegnerin und Lizenznehmer,
  • Schlussrechnungen der Filmproduktionen zwischen Fonds und Produzent zu den durch die Antragsgegnerin produzierten Folgen der Fernsehfilme ... (im Einzelnen bezeichnet).

Hilfsweise hat er beantragt, ihm - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten -Einsicht in die genannten Unterlagen zu gewähren und die Anfertigung von Kopien auf eigene Kosten zu dulden. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe Einzelbekanntgabe der Feststellungsbescheide im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gem. § 183 Abs. 3 AO beantragt und werde nach Bekanntgabe das Rechtsmittelverfahren führen. Hierzu sei er dringend auf voll umfängliche Akteneinsicht angewiesen. Er habe ferner Zweifel an der Richtigkeit der Jahresabschlüsse und wolle prüfen, ob die Medienerlasse des Bundesministeriums der Finanzen vom 23.2.2001 und vom 5.8.2009 korrekt umgesetzt worden seien.

Die Gesellschaft ist dem Antrag entgegengetreten. Das ordentliche Einsichtsrecht der Kommanditisten sei durch den Gesellschaftsvertrag wirksam ausgeschlossen. Auch ein außerordentliches Einsichtsrecht stehe dem Antragsteller nicht zu. Die nach Betriebsprüfung angekündigten Feststellungsbescheide der Finanzverwaltung begründeten keine Gefährdung der Antragsteller durch die Geschäftsführung. Die Antragsgegnerin habe alle notwendigen Schritte in die Wege geleitet, um in Zusammenarbeit mit den Anlegern gegen die geänderte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung vorzugehen. Die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller auch nicht die Kontrolle der Buchführung nach § 166 Abs. 1 HGB verweigert, er habe bislang keine Einsichtsrechte geltend gemacht.

Mit Beschluss vom 24.11.2009 hat das Registergericht angeordnet, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller die von ihm bezeichneten Unterlagen mitzuteilen habe, und im Übrigen - hinsichtlich der Übersendung bzw. Anfertigung von Kopien - die Anträge zurückgewiesen. Zwar stelle die Ve...

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