Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezeichnung des zu beseitigenden Hindernisses ist wesentlich für eine Zwischenverfügung im Sinne der Grundbuchordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mittel zur Beseitigung eines aufgezeigten Hindernisses sind vom Grundbuchamt in einer Zwischenverfügung selbst klar zu benennen. Fehlt diese Angabe vollständig, so liegt nur ein nicht der Beschwerde unterliegender Hinweis oder eine nicht anfechtbare Meinungsäußerung vor, selbst wenn die Verfügung als Zwischenverfügung bezeichnet und/oder mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist.

Behält sich der Übergeber eines ideellen Bruchteils an Grundbesitz den uneingeschränkten Nießbrauch am Anteil vor, so kann der Nießbrauch nicht zusammen mit weiteren Rechten unter der Bezeichnung als Leibgeding im Grundbuch eingetragen werden.

 

Normenkette

BayAGGVG Art. 30 Abs. 1; BGB §§ 100, 428, 743-745, 874, 1030 Abs. 1, §§ 2, 1066; EGZVG § 9; FamFG § 81 Abs. 1 S. 2; GBO §§ 15, 49, 71 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten wird als unzulässig verworfen.

II. Kosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist Miteigentümer zu ½ von bebautem Grundbesitz (Gebäude- und Freifläche) und bewohnt mit seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 2, die in dem Anwesen befindlichen Wohnräume. Mit notariellem Vertrag vom 9.6.2015 überließ der Beteiligte zu 1 seinem Sohn, dem Beteiligten zu 3, seinen Miteigentumsanteil zu Alleineigentum. Der Beteiligte zu 1 behielt für sich und seine Ehefrau als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB folgende Rechte auf die Lebensdauer des Längstlebenden zurück:

Nr. II.2.1. Nießbrauch

... das Recht ..., sämtliche Nutzungen des überlassenen Miteigentumsanteils uneingeschränkt und ohne Gegenleistung zu ziehen in Form eines

Nießbrauchsrechtes

nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, soweit im Folgenden keine Abweichungen vereinbart werden. Dieses Nießbrauchsrecht räumt hiermit der Erwerber dem Berechtigten ein.

Für den vorstehenden Nießbrauch gelten die folgenden Bestimmungen:

a) Der Berechtigte ist nicht befugt, das Vertragsobjekt zu vermieten oder zu verpachten und die Ausübung des Nießbrauchs Dritten zu überlassen.

b) Außergewöhnliche Instandsetzungen, insbesondere Maßnahmen, die über normale Verschleißreparaturen hinausgehen, sowie außerordentliche öffentliche Lasten, insbesondere Erschließungskosten, hat der Berechtigte auch zu tragen.

c) der Nießbrauch erlischt für den jeweiligen Berechtigten, wenn er die Nutzungen voraussichtlich auf Dauer nicht mehr persönlich ausüben kann (= auflösende Bedingung); er ist dann aus dem Grundbuch zu löschen.

Nr. II.2.2. Häusliche Pflege und Betreuung

Solange einer der Ehegatten ... tatsächlich im überlassenen Anwesen wohnt, ist der Erwerber ihm gegenüber zur häuslichen Pflege und Betreuung verpflichtet, soweit der Berechtigte die erforderlichen Verrichtungen wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit nicht selbst vornehmen kann ... Die zu erbringende Pflege- und Betreuungsverpflichtung besteht nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ...

Der Nießbrauch nach Nr. II.2.1 und die Reallast zur Absicherung der Betreuungsverpflichtung nach Nr. II.2.2. wurden "als Leibgeding bestellt" (Nr. II.2.3.), dessen Eintragung bewilligt und beantragt (Nr. III.2. b)). Des Weiteren vereinbarten die Beteiligten für bestimmte Fälle einen bedingten (Rück-)Übertragungsanspruch der Beteiligten zu 1 und 2, der durch Vormerkung gesichert werden solle (Nr. II.2.4.).

Unter Vorlage der Urkunde stellte der Notar gemäß § 15 GBO am 22.6.2015 beim Grundbuchamt Antrag auf Eintragung der Auflassung, des Leibgedings und (nachrangig) der Vormerkung.

Mit als Zwischenverfügung bezeichnetem und mit Rechtsmittelbelehrung versehenem Bescheid vom 1.6.2016 hat das Grundbuchamt zunächst in einer "Vorbemerkung" seine bis dahin erfolgte Sachbehandlung, nämlich den Nichtvollzug des Antrags in Erwartung telefonisch angekündigter Anträge auf Einzeleintragung der bestellten Belastungen, begründet und sodann unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Senats vom 3.2.2016 (34 Wx 290/15 = BeckRS 2016, 06136) als Eintragungshindernis beanstandet, dass die Eintragung eines Nießbrauchs zusammen mit einer Reallast als einheitliches Leibgeding nicht zulässig sei. Frist zur Behebung des Hindernisses wurde bis 1.7.2016 gesetzt und kostenpflichtige Antragszurückweisung nach Fristablauf angekündigt. Mittel zur Behebung des Hindernisses sind nicht genannt.

Gegen diese Verfügung richtet sich die vom Notar am 3.6.2016 eingelegte Beschwerde. Der bestellte Nießbrauch sei nur auf Eigennutzung gerichtet, wegen der vereinbarten Beschränkungen nicht als Totalnießbrauch zu behandeln und könne Bestandteil eines Leibgedings sein. Die Art der Absicherung sei erforderlich, weil andernfalls zugunsten des Beteiligten zu 1 eine ausreichende dingliche Absicherung der weiteren Nutzung des Anwesens nicht möglich sei. Denn der weitere Miteigentümer sei nicht bereit, ein Wohnungsrecht einzuräumen. Würde der Nießbrauch nicht im Rahmen des Leibgedings einge...

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