Leitsatz (amtlich)

Wird ein Strafurteil im Zivilprozess vorgetragen, erhöht dies die Darlegungslast des Gegners. Kommt der Gegner seiner Darlegungslast nicht nach, ist der im Strafurteil festgestellte Sachverhalt auch im Zivilverfahren zugrunde zu legen und vom Zivilrichter eigenständig zu würdigen.

 

Normenkette

ZPO § 138

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 24 O 5433/05)

 

Tenor

Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des OLG München vom 7.2.2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO erstrebt die Klägerin die Aufhebung des ihre Berufung zurückweisenden Beschlusses des OLG vom 7.2.2007, die Fortsetzung des Berufungsverfahrens und letztlich die antragsgemäße Verurteilung der Beklagten. Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde.

1. Mit der Klage begehrt die Klägerin Restwerklohn i.H.v. 3.262.029,99 EUR brutto nebst Zinsen von der Beklagten aus dem Generalplaner- und Gerneralunternehmervertrag vom 27.2.2002 für die Errichtung des Stadions... Dieser Betrag war vom A.-Konzern im 1. Halbjahr 2002 an D. und dessen Immobilienfirma gezahlt und von diesem im Wesentlichen auf Konten der Herren W. jun. und sen. sowie der Fa. WHI weitergeleitet worden. Die Beklagte zog diesen Betrag von der auf rund 348 Mio. EUR lautenden Schlussrechnung der Klägerin vom 19.5.2005 mit folgender handschriftlicher Anmerkung ab: "Aufgrund der uns zustehenden Ansprüche im Zusammenhang mit den Zahlungen an W. jun. bringen wir nachstehenden Betrag in Abzug und erklären insoweit die Aufrechnung." Den in Abzug gebrachten Betrag bezahlte die Beklagte nicht an die Klägerin.

2. Mit Urteil vom 5.4.2006 hat das LG München I die Klage abgewiesen. Es hat die Beklagte durch die Zahlung geschädigt gesehen und einen entsprechend hohen Schadensersatzanspruch angenommen. Infolgedessen war die Aufrechnung der Beklagten mit dem Schadensersatzanspruch begründet und die Klageforderung getilgt und erloschen.

Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der Berufung. Die Klägerin hat die letztlich an W. jun. gelangte Zahlung objektiv nicht bestritten, sondern lediglich einen daraus resultierenden Schadensersatzanspruch der Beklagten.

Dem ist die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung entgegengetreten und hat sich zur Begründung auch auf das Urteil des BGH vom 9.8.2006 in der Strafsache gegen W. jun. bezogen (Az.: 1 StR 50/06). Die Beklagte hat das Urteil des BGH als Anlage BB 1 zu ihrem Schriftsatz vom 27.10.2006 in Kopie vollständig vorgelegt. Dieser Schriftsatz wurde dem Klägervertreter am 3.11.2006 zugestellt.

3. Durch Verfügung des Vorsitzenden vom 24.11.2006 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Berufung gegen das Urteil des LG keine Aussicht auf Erfolg hat und daher eine Entscheidung nach § 522 II ZPO in Betracht kommt.

Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass die Parteien die vom LG zitierten Strafurteile zum Gegenstand ihres Sachvortrags gemacht bzw. diesen Sachvortrag nicht substantiiert angegriffen hätten. Der im Urteil des BGH vom 9.8.2006 im Strafverfahren gegen W. jun. nochmals zusammengefasste Sachverhalt (S. 3-9 und 33-35) sei deshalb auch in dem hier geführten Berufungsverfahren zugrunde zu legen.

Die der Klägerin zu diesen Hinweisen eingeräumte Stellungnahmefrist wurde antragsgemäß bis 31.1.2007 verlängert. In ihrer Stellungnahme vom 30.1.2007 (S. 4) blieb die Klägerin dabei, "dass die unstreitigen Geldflüsse zutreffend (auch) als Maklerlohnzahlungen zu qualifizieren" seien.

4. Unter Bezugnahme auf die Hinweisverfügung vom 24.11.2006 wies der Senat gem. § 522 II ZPO mit Beschluss vom 7.2.2007 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 5.4.2006 kostenpflichtig zurück (zugestellt dem Klägervertreter am 22.2.2007).

Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge der Klägerin nach § 321a ZPO mit Schriftsatz vom 8.3.2007 (eingegangen bei Gericht am gleichen Tag). Die Klägerin begehrt, den Beschluss vom 7.2.2007 aufzuheben und das Berufungsverfahren fortzuführen. Insbesondere sieht die Klägerin durch die Verwertung des Strafurteils des BGH vom 9.8.2006 im hier geführten Zivilverfahren ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Sie wendet sich gegen die Verwertung des Strafurteils im Zivilverfahren.

5. Das in der Berufungserwiderung der Beklagten und in der Hinweisverfügung des OLG vom 24.11.2006 in Bezug genommene Urteil des BGH vom 9.8.2006 in der Strafsache gegen W. jun. lautet auszugsweise wörtlich (S. 3-S. 9):

1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des LG München I vom 13.5.2005 werden verworfen.

2. Die Staatskasse trägt die durch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft entstandenen Kosten und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.

3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1727924

IBR 2007, 238

MDR 2007, 1037

OLGR-Süd 2007, 496

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