Verfahrensgang

LG Aachen (Entscheidung vom 26.05.1989; Aktenzeichen 4 O 510/85)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.11.1990; Aktenzeichen X ZR 26/90)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.05.1989 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 4 O 510/85 - wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, über den in Nr. 1. der angefochtenen Entscheidung zuerkannten Betrag von 8.000 DM hinaus, an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 DM zu zahlen (insgesamt also 12.000 DM).

Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin zu 2), die die eigenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet; dagegen hat die Anschlussberufung der Klägerin Erfolg.

Vergeblich wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Landgerichts, die Verkehrssicherungspflicht sei nicht auf die Streithelferin zu 2) übertragen worden. Zwar ist eine Delegation der Verkehrssicherungspflicht rechtlich möglich, dazu bedarf es jedoch einer klaren Absprache, die die Sicherung der Gefahrenstelle zuverlässig garantiert (vgl. BGH, NJW-RR 1988, 471). Daran fehlt es. Wie sich aus den von der Beklagten mit der Klageerwiderung vom 18.10.1985 (Bl. 20 ff. GA) auszugsweise überreichten Ablichtungen der vertraglichen Vereinbarungen der Beklagten mit der Streithelferin zu 2) ergibt, wurde der Streithelferin nicht die Verkehrssicherungspflicht für das Objekt xxx übertragen, sondern die Innenreinigung des Objekts, insbesondere die Grundreinigung des Parkettbodens, sowie das anschließende "Einpflegen". Aufgrund der Nr. 29 und 31 der Vertragsgrundlagen zur Gebäudereinigung der Beklagten oblag es der Streithelferin zu 2) für ausreichende Sicherheitsvorkehrungen zu sorgen, ohne dass sich aus dieser Klausel ergibt, dass diese Verpflichtung, nicht nur während der Durchführung der Arbeiten galt. Von Verkehrssicherungspflicht ist in den Vertragsgrundlagen, soweit diese vorliegen, nicht die Rede.

Selbst wenn aber die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht delegiert hätte, was der Senat verneint, haftet sie dennoch, weil sie die Streithelferin nicht sorgfältig überwacht hat.

Der Zeuge xxx, gelernter Elektroingenieur, war als technischer Leiter der Beklagten im xxx angestellt. Er war bei Glättemessungen der Streithelferin zu 2) - rein rechnerisch - allenfalls alle 3 Monate anwesend. Dabei hat er beobachtet, dass das Messgerät einfach konstruiert und nicht geeicht war. Zudem lieferte es nur dann gleichmäßige Werte, wenn es nach jedem Messvorgang sorgfältig gereinigt wurde. Wenn der Zeuge auch bekundet hat. er könne nicht sagen, dass es Zeiten gegeben habe, in denen sich die Beschwerden über Glätte des Bodens gehäuft hätten, so wusste dies der Zeuge xxx, der seit 1978 als Hallenmeister im xxx tätig ist und wegen der auf Bodenglätte zurückzuführenden Unfälle den Zustand des Bodenbelages kontrollierte (Bl. 164 GA). Auch der Zeuge xxx hat bekundet, dass mit Glättemessungen "nach Vorfällen" im Jahre 1980 begonnen worden ist. Zudem hat die Beklagte nicht bestritten, dass der Bodenbelag im xxx von den Besuchern als sehr glatt bezeichnet wurde und dass es in diesem Gebäude zu zahlreichen Stürzen gekommen war. Mag der Pressebericht (Bl. 123 GA) aber den Sturz der Ministerin am 13.06.1986 im xxx auch journalistische Übertreibungen enthalten (Sturzmeile), so hat doch die Beklagte nie konkrete Zahlen über ihr bekannt gewordene Unfälle genannt und auch nicht substantiiert bestritten, dass sie nach solchen Unfällen wiederholt auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden ist.

War aber dem für die Beklagte tätigen technischen Leiter bekannt, dass es zu zahlreichen Stürzen im xxx gekommen war, die trotz des angeblich gut geeigneten Pflegemittels "xxx", das nicht gewechselt wurde, auf der Glätte des Bodens beruhten - andernfalls hätte für ihn kaum Veranlassung bestanden, an Glättemessungen teilzunehmen -, und war diesem auch aufgefallen, dass das Personal bei der Streithelferin zu 2) sehr häufig wechselte und "nicht alles wusste, was man hätte wissen müssen", so durfte die Beklagte nicht untätig bleiben und musste die Streithelferin zu 2) veranlassen, geschultes Personal einzusetzen und den Bodenbelag so zu pflegen, dass die Glätte geringer war. Das ist nicht vage, wie die Streithelferin zu 2) meint, sondern konkret; aus dieser Bekundung des Zeugen xxx ergibt sich für den Senat hinreichend deutlich, dass er das von der Streithelferin zu 2) eingesetzte Personal als unqualifiziert bezeichnen wollte und dass er dafür hinreichende tatsächliche Erkenntnisse hatte.

Zutreffend hat das Landgericht dargelegt, dass die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie im xxx dem Verkehr eröffnet hat, obwohl der Bodenbelag eine Glätte aufwies, die deutlich gefährlicher war, als dies bei ordnungsgemäß behandeltem Parkettboden der Fall ist. Dazu hat ...

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