Entscheidungsstichwort (Thema)

Eine positive Vaterschaftsfeststellungsklage des (angeblichen) biologischen Vaters ist unzulässig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine positive Vaterschaftsfeststellungsklage des (angeblichen) biologischen Vaters ist unzulässig, wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Das gilt auch dann, wenn die Mutter nicht verheiratet ist oder mit dem (angeblichen) biologischen Vater längere Zeit zusammengelegt hat.

2. Der (angebliche) biologische Vater kann ein wirksam abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis eines anderen Mannes nicht anfechten.

 

Normenkette

BGB §§ 1600, 1600d Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Leverkusen (Urteil vom 28.02.2001; Aktenzeichen 30 (33) F 223/00)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 09.04.2003; Aktenzeichen 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG – FamG – Leverkusen vom 28.2.2001 (30 – 33 – F 223/00) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger, Araber israelischer Staatsangehörigkeit, der in Deutschland vor dem Abschluss seines Medizinstudiums steht, möchte mit der am 20.9.2000 eingereichten Klage als Vater des am 7.11.1998 geborenen Beklagten festgestellt werden. Am 23.10.2000 hat Herr L.M. die Vaterschaft anerkannt, dem die Mutter des Kindes zugestimmt hat. Die entsprechende Urkunde ist vorgelegt worden.

Der Kläger behauptet, zwischen ihm und der Mutter des Kindes habe im Empfängniszeitraum eine enge persönliche freundschaftliche Beziehung mit Sexualkontakten bestanden, bei der Geburt sei er im Kreissaal gewesen und von Januar bis Mitte März 1999 habe er mit Mutter und Kind zusammen gewohnt und das Kind während der Berufstätigkeit der Mutter beaufsichtigt. Er sei bereit gewesen, die Vaterschaft anzuerkennen, das sei von der Mutter aber hintertrieben worden. Herr M. sei entgegen dem Anerkenntnis nicht der leibliche Vater des Kindes.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass er der Vater des beklagten Kindes ist, hilfsweise festzustellen, dass Herr L. M. nicht der Vater des beklagten Kindes ist. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Behauptungen des Klägers bestritten und insbesondere ausgeführt, dass die Klage mit beiden Anträgen unzulässig sei.

Das AG hat die Klage (als unzulässig) abgewiesen und auch eine Anfechtung des Anerkenntnisses durch den Kläger für unzulässig gehalten.

Auf die Begründung des AG wird Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger Antrag und Hilfsantrag weiter. Er wiederholt seine tatsächlichen Behauptungen aus dem ersten Rechtszug. Er hält eine verfassungsrechtliche Reduktion der §§ 1600d I, 1600 BGB für geboten bzw. diese Normen für verfassungswidrig, soweit sie Feststellungsrechte des biologischen Vaters einschränken.

Der Beklagte verteidigt die Entscheidung.

Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf die vorgetragenen Schriftsätze Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet.

Das AG hat den Hauptantrag auf Feststellung der Vaterschaft des Klägers mit Recht als unzulässig abgewiesen, da die Feststellung der Vaterschaft gem. § 1600d I BGB unzulässig ist, wenn bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes gem. § 1592 Nr. 2 BGB besteht.

Gem. § 1600 BGB ist berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, nur der Mann, dessen Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1, 2 und 1593 BGB besteht, die Mutter und das Kind. Daraus folgt, dass auch der Hilfsantrag unzulässig ist, denn ein anderer Mann darf das Vaterschaftsanerkenntnis nicht anfechten.

1. a) Die gerichtliche Feststellung der positiven Vaterschaft ist nicht zulässig, solange die Vaterschaftsanerkennung eines anderen Mannes besteht, denn nach § 1600d I BGB ist die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nur möglich, wenn keine Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB besteht. Das gilt auch dann, wenn – wie hier – das Anerkenntnis und die Zustimmung der Mutter dazu erst im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens abgegeben worden sind, denn die Wirksamkeit des Anerkenntnisses ist nicht davon abhängig, dass nicht ein anderer Mann bereits eine positive Vaterschaftsklage erhoben hat, sondern nach § 1594 Abs. 2 BGB nur davon, dass nicht die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Gegen die Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses von Herrn L.M. bestehen ansonsten keine Bedenken.

Der BGH (BGH v. 20.1.1999 – XII ZR 117/97, MDR 1999, 548 = FamRZ 1999, 716) hat in Auseinandersetzung mit den im Gesetzgebungsverfahren erhobenen Gegenstimmen ausgeführt, dass der Gesetzgeber die positive Vaterschaftsfeststellung bewusst auf die Fälle beschränkt hat, in denen keine anderweitige Vaterschaft besteht. Die Klage eines anderen Mannes – auch des biologischen Vater – laufe regelmäßig dem Wohl der „sozialen Familie” zuwider, wenn die übrigen Beteiligten die ihnen zustehenden Anfechtungsrechte nicht ausübten. Dem folgt der Senat, auch unter Berücksichtigung der Gegenstimmen (s.u.), die nach der ...

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