Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 10 O 132/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06.03.2017 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 10 O 132/14 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, unter Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes aus dem Versicherungsvertrag zur Vertragsnummer 7xx/3x/7xx32xx80 die Klägerin von Forderungen der Firma A GmbH, B Landstraße 169, C in Höhe von 18.325,68 EUR sowie der Firma D d.d., E 3, F, Slowenien in Höhe von 38.765,00 EUR freizustellen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte unter Gewährung bedingungsgemäßen Versicherungsschutzes zur Versicherungsscheinnummer 7xx/3x/7xx32xx80 verpflichtet ist, die Klägerin als Erbin des Versicherungsnehmers G von weiteren Ansprüchen aus dem Verkehrsunfall vom 22.02.2013 um 20.05 Uhr auf der BAB XX, H, soweit sie nicht bereits mit den Anträgen zu 1. und 2. geltend gemacht worden sind, insbesondere von Ansprüchen des Herrn I in Höhe von derzeit 26.662,52 EUR und des Herrn J in Höhe von derzeit 7.500,00 EUR, jeweils vertreten durch die Rechtsanwälte K pp., L-Straße 1, M, sowie von etwaigen weiteren Schadensersatzansprüchen des N e.V. O aus dem vorgenannten Unfallereignis, freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt als vermeintliche Erbin ihres Ehemanns G aus einer von diesem bei der Beklagten unterhaltenen Kfz-Haftpflichtversicherung Freistellung, hilfsweise Zahlung an die Geschädigten sowie Feststellung wegen ihrer Inanspruchnahme aus einem Verkehrsunfall vom 22.02.2013 auf der A YY bei P. Der Verkehrsunfall wurde dadurch verursacht, dass der Versicherungsnehmer G, nachdem er die beiden gemeinsamen Töchter getötet hatte, mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug als Geisterfahrer mit einer Lkw-Sattelzugmaschine frontal zusammenprallte. Herr G starb bei dem Verkehrsunfall. Die Beklagte lehnte Leistungen an die Geschädigten wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens durch den Versicherungsnehmer gemäß § 103 VVG ab.

Herr G unternahm am 15.10.2012 aufgrund einer von der Klägerin ausgehenden, auch räumlichen, Trennung einen Selbsttötungsversuch. Und zwar nahm er, nachdem er einen Abschiedsbrief verfasst hatte, ca. 14 Tabletten Zopiclon zu 7,5 mg ein. Er wurde von der Klägerin gefunden, welche den Notarzt verständigte. Daraufhin befand er sich wegen einer schweren depressiven Episode, jedoch ohne psychotische Symptome, in der Zeit vom 16.10.2012 bis zum 30.11.2012 in stationärer Behandlung in der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Q gGmbH. Nach seiner Entlassung aus der Fachklinik wurde er ambulant weiter behandelt und war noch bis zum 31.12.2012 krankgeschrieben. Anschließend versah er wieder ordnungsgemäß seinen Dienst bei der Bundeswehr. Er blieb auch in Kontakt mit der Klägerin und den beiden gemeinsamen Kindern. Am Abend des 22.02.2013 sollte er im Haushalt der Klägerin - wie zuvor - während deren Arbeitszeiten auf die 4-jährige Tochter R und die 2-jährige Tochter S aufpassen. Nachdem die Klägerin das Haus verlassen hatte, nahm er zwischen 17:15 Uhr bis 19:00 Uhr gemeinsam mit den Töchtern das Abendessen ein und brachte die Kinder ins Bett. Dort würgte und drosselte er die Töchter zunächst über mehrere Minuten, dann schlug er mit einem Metallhammer jeweils 15 bis 20-mal auf die Schädel der Kinder ein, bis deren Tod eintrat.

Gegen 19:30 Uhr bestieg Herr G seinen Pkw und steuerte den an der A YY gelegenen Rastplatz H an. Dort wendete er sein Fahrzeug und verließ sodann den Rastplatz über die Einfahrt. Entgegen der Fahrtrichtung fuhr er auf die A YY unangeschnallt und mit hoher Geschwindigkeit auf. Auf der rechten Fahrspur der Autobahn prallte er frontal mit einem Lkw zusammen, wobei ein zwischen den Parteien streitiger Sach- und Personenschaden bei insgesamt sechs Beteiligten entstanden sein soll. Die Beklagte als Kfz Haftpflichtversicherer lehnte jegliche Inanspruchnahme unter Hinweis auf § 103 VVG wegen eines vorsätzlichen Handelns des Herrn G ab. Aus diesem Grunde wird die Klägerin als Erbin des Herrn G von der Fa. T d.o.o. aus Slowenien bzw. deren Vollkaskoversicherung der Fa. D d.d. aus Slowenien, welche dem Rechtsstreit als Streithelferin auf Klägerseite beigetreten ist, in Höhe von 38.765,00 EUR und von der A GmbH in Höhe von 18.325,68 EUR in Anspruch genommen. Die Klägerin leistete hierauf bisher keine Zahlungen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Versicherungsnehmer G im Zeitpunkt der Verursachung des Verkehrsunfalls als Geisterfahrer zivilrechtlich schuldunfähig gewesen sei, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zum Sachver...

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