Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung einer vertraglichen Konkurrenzschutzklausel (hier: Rechtsanwälte) unter maßgeblicher Berücksichtigung des Prioritätsgrundsatzes.

 

Normenkette

BGB § § 535 ff., § 536

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 29.11.2004; Aktenzeichen 20 O 12/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Köln vom 29.11.2004 - 20 O 12/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte dem Kläger Konkurrenzschutz zu gewähren hat.

Mit Mietvertrag vom 16.5.2001 mietete der Kläger, der die Erlaubnis hat, sich als Fachanwalt für Familienrecht und für Arbeitsrecht zu bezeichnen, von der Beklagten Büroräume zum Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei an. § 21 des Mietvertrages lautet wie folgt: "Dem Mieter wird Konkurrenzschutz gewährt für die Fachrichtungen Arbeits- und Familienrecht. Dem Mieter ist bekannt, dass sich im gleichen Objekt eine Rechtsanwaltskanzlei mit dem Schwerpunkt Strafrecht befindet. Der Mieter verpflichtet sich bei einer Untervermietung oder Aufnahme als Bürogemeinschaft diese Fachrichtung nicht abzudecken."

Bei der erwähnten, im selben Objekt ansässigen Anwaltskanzlei handelt es sich um die Kanzlei des Rechtsanwalts C O, der die von ihm genutzten Räume mit Vertrag vom 21.1.1991 angemietet hatte. Im Jahre 2002 nahm Rechtsanwalt C O seinen Sohn, D O, als Anwalt in seine Kanzleiräume auf. Rechtsanwalt D O wirbt mit der Bezeichnung Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie den Tätigkeitsschwerpunkten Vertrags- und Erbrecht auf dem Praxisschild.

Das LG hat dem Begehren des Klägers nach Konkurrenzschutz insoweit entsprochen, als es die Beklagte verurteilt hat, es dem Rechtsanwalt D O zu untersagen, in den fraglichen Räumlichkeiten anwaltliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Arbeitsrechts anzubieten und durch Außenwerbung am Gebäude mit dem Inhalt "Arbeitsrecht" für seine Tätigkeit zu werben. Die weiter gehende Klage auf Unterbindung der anwaltlichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Erbrechts hat es dagegen abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein weiter gehendes erstinstanzliches Begehren fort. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Berufung die vollumfängliche Abweisung der Klage.

II. Die in förmlicher Hinsicht unbedenkliche Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Hingegen ist die ebenfalls zulässige Berufung des Klägers unbegründet.

Die Klage ist vollumfänglich unbegründet. Der Kläger kann den erstrebten und teilweise - nämlich auf dem Gebiet des Arbeitsrechts - zuerkannten Konkurrenzschutz nicht für sich in Anspruch nehmen.

Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des LG, dass die für die Gewerbemiete entwickelten Grundsätze zum Konkurrenzschutz entsprechend auch bei der Vermietung von Praxisräumen an Angehörige der freien Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte etc. gelten (s. etwa Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rz. 1II. B. 1247, m.w.N.). Mögen diese auch kein Gewerbe im engeren Sinn betreiben, so stehen sie doch, wie etwa Ärzte der gleichen Fachrichtung und insb. auch Rechtsanwälte mit demselben Tätigkeitsschwerpunkt, miteinander in wirtschaftlicher Konkurrenz.

Vorliegend hat indes die Beklagte ihre ggü. dem Kläger ausdrücklich vertraglich übernommene Pflicht zum Konkurrenzschutz für den Bereich des Familien- und Arbeitsrechts im Zusammenhang mit dem Eintritt von Rechtsanwalt D O in die Kanzlei seines Vaters nicht verletzt. Die streitgegenständliche Konkurrenzschutzklausel ist nämlich bei verständiger Würdigung, die auch dem Kläger gerade als Rechtsanwalt unterstellt werden kann und muss, dahingehend auszulegen, dass die Beklagte Konkurrenzschutz lediglich in Bezug auf künftig abzuschließende weitere Mietverträge zugesagt hat. Ein neuer Mietvertrag in diesem Sinne ist aber zwischen der Beklagten und Rechtsanwalt D O nicht geschlossen worden.

Keinen Konkurrenzschutz kann nämlich in der Regel der Mieter beanspruchen, der Geschäftsräume in Kenntnis einer dadurch entstehenden und von den Vertragsparteien vorausgesetzten Wettbewerbssituation anmietet. Der Konkurrenzschutz richtet sich wesentlich danach, welchen Besitzstand der Mieter nach den bei Vertragsschluss ersichtlichen Umständen erwarten konnte bzw. erhalten sollte. Maßgebend sind insoweit Prioritätsgesichtspunkte, so dass regelmäßig Konkurrenzschutz nur der zuerst vorhandene im Verhältnis zu einem hinzukommenden Mieter beanspruchen kann (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rz. 1243). Die vorliegende Situation ist dadurch bestimmt, dass der Kläger sich als hinzukommender Mieter neben der bereits seit Jahren in demselben Gebäude ansässigen Kanzlei O. etablierte. Dass etwa die Beklagte eine rechtliche Handhabe gegen die Erweiterung der Sozietät von Rechtsanwalt C.O. gehabt hätte, ist nicht ersichtl...

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