Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 27.03.1997; Aktenzeichen 9 O 254/96)

 

Tatbestand

Mit der Klage nimmt die am 4. Juli 1969 geborene Klägerin die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Unfalles in Anspruch, der sich am 2. August 1994 in der Inneren Abteilung des von der Beklagten zu 1) betriebenen Krankenhauses ereignete.

Die Klägerin wurde in der Nacht auf den 2. August 1994 gegen 1.30 Uhr dort von dem Beklagten zu 2), der damals seit einem Jahr Arzt im Praktikum war, als Notfall stationär aufgenommen. Sie hatte am Abend zuvor gegen 22.00 Uhr auf der Autobahn A3, Fahrtrichtung Köln, einen Autounfall gehabt und war den Polizeibeamten der Autobahnpolizeistation, zu der sie sich nach dem Unfall gemeinsam mit ihrem Freund und Beifahrer zu Fuß begeben hatte, dadurch auffällig erschienen, daß sie auf Fragen der Polizeibeamten nicht antwortete. Diese hatten deshalb den Notarzt hinzugerufen, welchem gegenüber der Freund der Klägerin angab, daß die Klägerin am frühen Abend zwischen 16.00 und 19.00 Uhr eine halbe Tablette LSD zu sich genommen habe. Nach dem Untersuchungsbefund des Notarztes hatte die Klägerin nur zeitweise auf Ansprache reagiert. Ihre Pupillen waren beidseits weit, ohne daß sich Anzeichen für eine weitergehende neurologische oder allgemeinmedizinische Beeinträchtigung ergaben. Der Notarzt vermerkte in seinem Einsatzprotokoll als Diagnose "Rauschzustand nach LSD- Einnahme". Sein Versuch, die Klägerin in der R. in B. unterzubringen, scheiterte, da ihm dort erklärt wurde, daß die Aufnahme wegen zu hoher Belegung nicht möglich sei. Die diensthabende Ärztin bat, die Klägerin anderweitig unterzubringen, falls sie nicht agitiert und aggressiv sei, woraufhin der Notarzt sie in die Innere Abteilung des Krankenhauses der Beklagten zu 1) verbrachte.

In seinem Aufnahmebericht und dem Befundbogen vermerkte der Beklagte zu 2), daß die Klägerin geschlafen habe, aber kontaktierbar gewesen sei. Auf Ansprache habe sie kurz die Augen geöffnet und ihren Namen genannt. Auf weitere Fragen habe sie mißmutig geäußert, man solle sie schlafen lassen. Im Befundbogen notierte der Beklagte zu 2) ferner, daß die Klägerin "high" erscheine, daß sie nicht aggressiv und nicht agitiert sei und daß keine Eigen- oder Fremdgefährdung zu bestehen scheine. Zum körperlich- neurologischen Status hielt er fest, daß die Pupillen isokor und eng seien und auf Licht beidseits reagierten. Das Vorliegen pathologischer Reflexe verneinte der Beklagte zu 2). Eine ausdrückliche Aufnahmediagnose wurde von dem Beklagten zu 2) nicht niedergelegt. Auf Anordnung des Beklagten zu 2) wurde die Klägerin in ein Bett gelegt und in das sogenannte Karrée unmittelbar vor das Fenster des Schwesternzimmers geschoben, wo sie auf Anordnung des Beklagten zu 2) von den Nachtschwestern zu beobachten war. Gegen 2.00 Uhr sah sich der als verantwortlicher Dienstarzt eingeteilte Beklagte zu 3), der damals Assistenzarzt im dritten Jahr der Weiterbildung zum Facharzt war, die Klägerin an, die in ihrem Bett lag und schlief. Der Beklagte zu 3) wies die Nachtschwestern an, die Klägerin weiter zu beobachten, und kontrollierte die Klägerin bis 4.30 Uhr selbst weitere drei Male. Jedesmal vermerkte er im Krankenblatt inhaltlich gleichlautende Befunde, wonach die Klägerin jeweils friedlich schlafe, kein Anhalt für Eigen- oder Fremdgefährdung und auch kein Hinweis auf Suizidalität bestehe.

Gegen 6.00 Uhr wurde die Klägerin von der Beklagten zu 4) übernommen, die zusammen mit zwei weiteren Schwestern in dieser Schicht tätig war. Nach der Schilderung der Beklagten zu 4) ergab sich sodann folgender Ablauf: Es wurde ihr mitgeteilt, daß die Klägerin LSD genommen und die Nacht über ruhig geschlafen habe. Weitere Mitteilungen erfolgten nicht. Die Beklagte zu 4) fuhr die weiterhin schlafende Klägerin in ihrem Bett in das als sog. Notfallzimmer dienenden Zimmer Nr. 151, wo sich noch eine weitere Patientin im Bett befand und schlief. Das Zimmer war mit einer in Türnähe befindlichen Notrufanlage ausgestattet. Nachdem die Beklagte zu 4) die Klägerin in das Notfallzimmer gebracht hatte, verließ sie es für kurze Zeit, um die Stationsschwester zu informieren. Als sie in das Zimmer zurückkehrte, fand sie die Klägerin dort nicht mehr vor. Bei der Suche nach der Klägerin kam ihr diese aus Richtung des Treppenhauses entgegen und ging mit tänzelnden Schritten und starrem Blick lächelnd an der Beklagten zu 4) vorbei in das Notfallzimmer, wohin diese ihr folgte. Auf Ansprache der Beklagten zu 4) reagierte die Klägerin nicht. Sie ging auf die schlafende Mitpatientin zu, ergriff sie an den Schultern und schüttelte sie, woraufhin die andere Patientin aufschrie. Sodann ließ die Klägerin von ihr ab, ging an ihrem Bett vorbei zum Fenster und öffnete dieses, was ihr jedoch nur einen kleinen Spalt breit gelang, da es sich um ein Kippfenster handelte und davor ein Gerüst aufgebaut war. Die Beklagte zu 4), die der Klägerin weiter gefolgt war und sich nun neben ihr befand, versuchte, beruhigend auf d...

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