Leitsatz (amtlich)

›Einem ausländischen Sozialhilfeempfänger, dessen Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, kann ein Anspruch auf Krankenhilfe zustehen, der vom Krankenhausträger gegen den Träger der Sozialhilfe geltend zu machen ist. Begibt sich ein Asylbewerber zu einer unaufschiebbaren Behandlung in ein Krankenhaus, folgt daraus allein nicht, dass er Selbstkostenträger sein will.‹

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 4 O 287/93)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten den Ausgleich von Kosten für eine stationäre Behandlung.

Der Beklagte ist srilankischer Staatsangehöriger tamilischen Brauchtums und der deutschen Sprache nicht mächtig. Er bezieht Hilfe zum Lebensunterhalt. Am 27.7.1992 wurde er mit einer Augenverletzung als Notfall in die Augenklinik der Klägerin gebracht.

Auf den Hinweis einer längeren stationären Behandlung erklärte der Beklagte, er verfüge als Asylbewerber nicht über eigenes Vermögen und sei daher nicht in der Lage, die Kosten einer Behandlung zu tragen. Der Beklagte verblieb in der Klinik, nachdem ihm versichert wurde, als Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt sei er entsprechend versichert.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Bezahlung seiner stationären Behandlung in der Augenklinik steht der Klägerin weder aus Vertrag noch aus anderen Rechtsgründen zu.

Hinsichtlich des ersten stationären Aufenthalts in der Zeit vom 25.07. bis zum 26.08.1992 haben die Parteien keine ausdrückliche Abmachung getroffen wonach der Beklagte als sog. Selbstzahler behandelt wird.

Ein solcher Vertrag ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht etwa durch die Erklärung des Beklagten zustande gekommen, er sei mit dem operativen Eingriff einverstanden. Diese Erklärung war als Einwilligung in den medizinischen Eingriff zu dessen Rechtfertigung erforderlich. Sie wurde von den behandelnden Ärzten eingefordert und hatte mit der Kostenübernahme nichts zu tun.

Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Vertrag über Krankenhauspflege mit Selbstzahlerverpflichtung des Beklagten stillschweigend zustande gekommen ist.

Allerdings kann je nach den Umständen des Einzelfalles ohne ausdrückliche Erklärung insbesondere in der Entgegennahme üblicherweise nur gegen Vergütung gewährter Leistungen die Annahme eines Vertragsangebotes durch schlüssiges Verhalten liegen. Ein stillschweigender Vertragsschluß unter diesem Aspekt setzt auch und besonders beim Krankenhausaufnahmevertrag voraus, dass insbesondere der Patient die ihm gewährte Behandlung als an ihn gerichtetes Vertragsangebot mit Entgeltverpflichtung durch ihn aufzufassen hat (Laufs-Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts § 41 RZ 12). Daran fehlte es im Streitfall, denn nach dem eigenen Vortrag der Klägerin sind beide Parteien, insbesondere auch sie selbst, zunächst von einer Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger ausgegangen, wofür insbesondere der Umstand spricht, dass sie bereits - wie aus dem Schreiben der Stadt E. vom 15.09.1992 (Bl. 93 d. A.) hervorgeht - unter dem 30.07.1992 Kostenübernahme bei deren Sozialamt beantragt hat. Auch trägt das Verordnungsformular der niedergelassenen Augenärzte für die zweite Behandlung vom 03.09.1992 den Vermerk Sozialamt H. (als Kostenträger).

Von einer Kostenübernahme seitens des zuständigen Sozialamtes bzw. der Gemeinde geht auch das Schreiben vom 04.02.1993 an die Rechtsanwälte W., Z. und W. aus, in welchem sie Bezug nimmt auf den ursprünglich zuständigen Kostenträger, die Stadt E.. Ging die Klägerin aber selbst davon aus, dass die Kosten von diesem Träger erstattet werden würden, so bestand aus ihrer Sicht keine Veranlassung und auch keine Absicht, wegen des Entgelts in vertragliche Beziehungen zum Beklagten persönlich zu treten.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Annahme, der Sozialhilfeträger werde einspringen, habe nur darauf beruht, dass der Beklagte als Ursache für die Augenverletzung einen Sturz im Badezimmer angegeben habe, weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass zum einen nach dem Schreiben der Klinikärztinnen vom 19.08.1992 (Bl. 7 der Ermittlungsakte) nicht klar ist, ob der Beklagte in der Tat schon bei der stationären Aufnahme am 24.07.1992 auf diese Unfallursache hingewiesen hat. Eher scheint es nach dem Inhalt dieses Schreibens so gewesen zu sein, dass er erst am 27.07.1992, also drei Tage nach dem Unfall und der ursprünglichen Aufnahme, Angaben zum Unfallgeschehen gemacht hat. Im übrigen kann dies auch dahinstehen, denn selbst wenn er schon bei der ersten Aufnahme am 24.07. eine solche Angabe gemacht hätte, bedeutet dies noch nicht, dass die unmittelbar behandelnden Ärzte, denen er als Notfallpatient unmittelbar vorgestellt worden war, sich vor der Behandlung Gedanken darüber gemacht haben, ob nach dem geschilderten Unfallhergang der Sozi...

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