Leitsatz (amtlich)

Eine – strafbewehrte – Unterlassungserklärung, die keine ausdrückliche zeitliche Einschränkung enthält, ist regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Erklärende das beanstandete Verhalten ab sofort zu unterlassen verspricht und nicht erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Unterlassungsvertrag zustande kommt.

 

Normenkette

BGB § 339

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 02.05.2002; Aktenzeichen 84 O 158/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.05.2006; Aktenzeichen I ZR 32/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.5.2002 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln – 84 O 158/01 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.164,05 Euro zu zahlen, und zwar nebst Zinsen für die Zeit vom 8.11.2001 bis zum 31.12.2001 i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 und für die anschließende Zeit i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB.

Wegen der weiter gehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % der zu vollstreckenden Summe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien stehen u.a. als Anbieter von Internet-Zugängen miteinander im Wettbewerb. Die Beklagte warb im Sommer des Jahres 2001 mit einer Broschüre unter dem Titel „Sind sie bereit für NetDSL?”. Darin fand sich die Behauptung, der angebotene DSL-Zugang weise eine Übertragungsgeschwindigkeit von 1024 Kbit/sec auf. Die Aussage war in ihrer beworbenen Allgemeinheit unrichtig.

Wegen dieser Werbung mahnte die Klägerin die Beklagte unter Beifügung eines Entwurfs einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab. Die Beklagte gab unter dem 5.7.2001 eine solche Unterlassungserklärung ab, verwendete dazu aber nicht den von der Klägerin vorgegebenen, sondern einen neuformulierten Text. Dieser wich von der Vorgabe u.a. durch eine niedrigere Vertragsstrafe und den – mit technischen Notwendigkeiten begründeten – Vorbehalt von vier unterschiedlich langen Fristen für die weitere Verwendung der Aussage u.a. in der angegriffenen Broschüre und in der Internet-Präsentation ab. Nachdem der anwaltliche Vertreter der Klägerin auf telefonische Nachfragen vom 6. und 11.7.2001 erklärt hatte, die Klägerin habe über die Annahme der Unterlassungserklärung noch nicht entschieden, erklärte er mit Schreiben vom 11.7. 2001 für die Klägerin, dass diese die Unterlassungserklärung angenommen habe, und führte aus, die geforderte Aufbrauchsfrist sei von der Klägerin gewährt worden.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Vertragsstrafe von 10.100 DM (= 5.164,05 Euro) nebst Zinsen wegen einer Werbeanzeige in Anspruch, die noch vor diesem Schreiben, nämlich in der Ausgabe des K. vom 7./8.7.2001, erschienen ist und in der es heißt:

„NetDSL bietet Ihnen satte 1024 Kbit/s. Download-Geschwindigkeit für mehr Power und Spass im Internet:”

Sie hat hierzu die Auffassung vertreten, die vorstehend wiedergegebene Aussage unterfalle inhaltlich dem Unterlassungsversprechen, der Unterlassungsvertrag sei bereits am 5.7.2001 zustande gekommen und an jenem Tag sei die Beklagte auch noch in der Lage gewesen, die Anzeige zu stoppen.

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei Erscheinen der Anzeige sei der Vertrag noch nicht geschlossen gewesen. Mit Blick auf die Abweichungen stelle die Unterlassungserklärung nicht die Annahme des Vertragsangebotes, sondern ein neues Angebot dar. Insbesondere angesichts der vorbehaltenen Aufbrauchsfristen habe die Beklagte nicht damit rechnen können, dass die Klägerin die Erklärung ohne weiteres annehmen werde.

Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin ergänzend vor, der Anspruch bestehe auch auf der Grundlage der Auffassung des LG, weil die Beklagte sich jedenfalls verpflichtet habe, von der Abgabe der Unterlassungserklärung an die Werbung zu unterlassen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt insb. die Auffassung, vor dem Abschluss des Unterlassungsvertrages noch nicht zur Unterlassung verpflichtet gewesen zu sein. Das ergebe sich nicht nur aus allgemeinen Grundsätzen zum Zustandekommen von Verträgen und zur Vertragsauslegung, sondern auch daraus, dass in dieser Phase unsicher gewesen sei, ob die Klägerin das Angebot überhaupt annehmen werde. Es habe nämlich die Möglichkeit bestanden, dass sie stattdessen – wenn dies nicht sogar schon geschehen gewesen sei – den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen würde. Im Übrigen sei es ihr nach der Abgabe der Unterlassungserklärung auch nicht mehr möglich gewesen, das Erscheinen...

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