nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Handels- und Gesellschaftsrecht. Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH bei Bekanntwerden einer rechnerischen Überschuldung der Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1) Der Geschäftsführer einer GmbH ist verpflichtet, bei Bekanntwerden einer rechnerischen Überschuldung der Gesellschaft für die Erstellung eines Vermögensstatus zu sorgen, um beurteilen zu können, ob für das Unternehmen eine positive Fortführungsprognose gestellt werden kann (Anschluß an BGHZ 119, 201, 204 = NJW 92, 2891, 2894 l. Sp.).

2) Im Haftungsprozeß hat der Geschäftsführer darzulegen, in welcher Weise er tätig geworden ist, um sich Gewißheit über die Vermögenslage der in die Krise geratenen GmbH zu veschaffen (Anschluß an BGHZ 126, 181 ff. = NJW 94, 2220, 2224 r. Sp.).

3) Mit bloßem Vorbringen zu den Einnahmen der Gesellschaft in einem bestimmten Zeitraum genügt der Geschäftsführer seiner Darlegungslast nicht.

4) Ein Gläubiger, der gegen die GmbH einen Anspruch nach Eintritt des Zeitpunktes erwirbt, zu dem der Geschäftsführer Konkursantrag (Insolvenzantrag) hätte stellen müssen („Neugläubiger”), hat gegen den Geschäftsführer nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 GmbHG Anspruch auf Ersatz seines Schadens, berechnet nach dem negativen Interesse; der Anspruch ist nicht auf den Betrag beschränkt, um den sich die Quote im Konkurs (Insolvenzverfahren) wegen verspäteter Antragstellung verschlechtert hat (Anschluß an BGH aaO 2222 ff.).

5) Erwirbt ein grundpfandrechtlich gesicherter Gläubiger das mit dem Grundpfandrecht belastete Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung und veräußert er es anschließend gewinnbringend weiter, so ist der Gewinn bei der Schadensberechnung im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen (Ergänzung zu RGZ 80, 155, 159 ff.).

 

Normenkette

BGB §§ 249, 823 Abs. 2; GmbHG § 64

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 7 O 8/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 31. Mai 2000 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 7 O 8/00 – wie folgt abgeändert und neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.506,92 DM nebst 4 % Zinsen aus folgenden Beträgen zu zahlen:

  • aus 210.000,00 DM vom 12.01. bis zum 18.04.1996,
  • aus 210.019,60 DM vom 19. bis zum 29.04.1996,
  • aus 140.019,60 DM vom 30.04.1996 bis zum 20.02.1997,
  • aus 140.929,13 DM vom 21.02. bis zum 02.04.1997,
  • aus 140.989,23 DM vom 03. bis zum 27.04.1997,
  • aus 141.028,03 DM vom 28.04. bis zum 15.12.1997,
  • aus 141.992,76 DM vom 16. bis zum 28.12.1997,
  • aus 142.038,06 DM vom 29.12.1997 bis zum 04.02.1998,
  • aus 138.426,92 DM vom 05.02. bis zum 21.06.1998,
  • aus 151.009,19 DM vom 22. bis zum 23.06.1998,
  • aus 108.840,56 DM vom 24.06. bis zum 08.07.1998,
  • aus 110.880,56 DM vom 09.07. bis zum 18.08.1998,
  • aus 111.118,67 DM vom 19.08. bis zum 01.11.1998,
  • aus 112.213,97 DM vom 02. bis zum 25.11.1998,
  • aus 113.222,59 DM vom 26.11.1998 bis zum 18.04.1999,
  • aus 113.306,69 DM vom 19. bis zum 27.04.1999,
  • aus 100.573,69 DM vom 28.04. bis zum 18.05.1999,
  • aus 97.489,59 DM vom 19.05. bis zum 06.08.1999,
  • aus 97.735,19 DM vom 07.08. bis zum 13.09.1999,
  • aus 101.980,79 DM vom 14. bis zum 30.09.1999 und
  • aus 22.506,92 DM seit dem 01.10.1999.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Das weitergehende Rechtsmittel des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 85 % und der Beklagten 15 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 16.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann auch geleistet werden durch Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge anerkannten Kreditinstitutes mit Sitz in Deutschland. Für den Kläger ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte, seine geschiedene Ehefrau, als frühere Geschäftführerin der Fa. A. A. Bauberatungs-GmbH wegen Verletzung der Konkursantragspflicht in Anspruch. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Fa. A. A. Bauberatungs-GmbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) hat das Amtsgericht Siegburg am 24.08.1999 mangels Masse abgelehnt.

Der Gesellschaftszweck der Gemeinschuldnerin bestand u.a. darin, Bauinteressenten zum Kauf von Okal-Fertighäusern anzuwerben. Zur Bebauung mit Okal-Fertighäusern bot sie den Interessenten auch Baugrundstücke an, die sie zuvor von Dritten erworben hatte.

Der Kläger gewährte der Gemeinschuldnerin zum Kauf eines Grundstücks in N. mit notariellem Darlehensvertrag vom 12.01.1996 ein Darlehen in Höhe von 210.000,00 DM, das vom 15. Januar 1996 an mit 8 % zu verzinsen war. Die Fälligkeit der Darlehensrückzahlung wurde für den 15. Januar 1997 vereinbart.

Das erworbene Grundstück wurde in Parzellen aufgeteilt und sollte mit Okal-Fertighäusern bebaut werden. Die Rückzahlung des Darlehens sollte mittels der Kaufpreiserlöse erfolgen. Im Jahr 1996 konnte nur ein Grundstück mit einem Okal-Fertighaus veräußert werden. Aus dem ...

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