Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwacke-Automietpreisspiegel ist geeignete Schätzungsgrundlage i.S.d. § 287 ZPO

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 11.03.2010; Aktenzeichen 12 O 457/09)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten wird das am 11.3.2010 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Aachen - 12 O 457/09 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.070,45 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.10.2009 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Beklagte zu 88 % und die Klägerin zu 12 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat sie teilweise Erfolg. Die von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten und dem Grunde nach unstreitig von der Beklagten erstattungspflichtigen Mietwagenkosten sind lediglich i.H.v. 6.161,30 EUR nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit begründet.

1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer, hier die Beklagte, gem. § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Für den Ersatz von Mietwagenkosten bedeutet dies, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur die Erstattung des günstigeren Mietpreises als zur Herstellung objektiv erforderlich verlangen kann (st. Rspr; vgl. nur BGH NJW 2009, 58 ff. m.w.N.).

a) Die Klägerin hat den unfallbedingten Schaden wegen Mietwagenkosten der jeweiligen Geschädigten auf der Grundlage des "Normaltarifs" gemessen an dem Schwacke-Automietpreisspiegel berechnet. Der Senat sieht wie das LG in dem Schwacke-Automietpreisspiegel eine geeignete Schätzgrundlage i.S.d. § 287 ZPO. Die von der Beklagten vorgebrachten Bedenken an der grundsätzlichen Eignung des Schwacke-Automietpreisspiegels vermag der Senat nicht zu teilen. Der BGH hat wiederholt entschieden, dass - wie hier - der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO der "Normaltarif" grundsätzlich auf der Grundlage des gewichteten Mittels des "Schwacke-Mietpreisspiegels" im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermitteln kann (vgl. nur BGH VersR 2010, 683 m.w.N.; BGH, Urt. v. 18.5.2010 - VI ZR 293/08). Klargestellt hat der BGH indessen auch, dass eine Schätzung aufgrund anderer Listen und/oder Tabellen, wie etwa dem Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts oder eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Listen, ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.2010 - VI ZR 293/08). Entscheidend kommt es nur darauf an, ob mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass die geltend gemachten Mängel der jeweils beanstandeten Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfange auswirken (BGH, a.a.O.).

Derartige konkrete Tatsachen hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Denn Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den zu entscheidenden Fall bezogen sind. Daran fehlt es hier.

Zweifel ergeben sich nicht schon aus den von der Beklagten vorgetragenen gerichtlichen Sachverständigengutachten über die Höhe ortsüblicher Mietwagenkosten in diversen sonstigen Regionen Deutschlands aus dort geführten Rechtsstreitigkeiten, weil diese mangels räumlichen und - zumindest teilweise - zeitlichen Bezugs ohne Aussagekraft für die im Streitfall zu treffende Entscheidung sind (vgl. OLG Köln, RuS 2008, 528 ff.). Es ist auch nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen (vgl. etwa BGH NJW 2008, 2910 ff.). Daher sind auch Einwendungen gegen die Methodik einer als Schätzgrundlage in Frage kommenden Übersicht nur dann beachtlich, wenn zugleich dargetan ist, dass sie sich auf den zu entscheidenden Einzelfall auswirken. Damit aber steht schon im Ausgangspunkt das Gutachten von Prof. Dr. L. vom 10.5.2007 (Bl. 148 ff. GA) einer Heranziehung des Schwacke-Automietpreisspiegel nicht entgegen, weil dieses sich allein mit dessen allgemeinen Erhebungs- und Auswertungsmethoden kritisch auseinandersetzt, ohne zugleich Anhaltspunkte für deren...

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