Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des streupflichtigen Anliegers bei Glatteisunfall eines Fußgängers: Darlegungslast bei behaupteter Überbürdung der Streupflicht auf Mieter; Anscheinsbeweis für die Schadenursächlichkeit einer Schutzgesetzverletzung; Mitverschulden des Fußgängers

 

Orientierungssatz

1. Wenn der Eigentümer eines Hausgrundstücks behauptet, er habe eine Streupflicht als Anlieger an seine Mieter delegiert, hat er konkret darzulegen, wie dies geschehen sein soll, daß die Mieter auch gestreut haben und wie er die Erfüllung dieser Pflicht durch seine Mieter überwacht hat.

2. Eine Regelung in einer Stadtordnung, nach der ein Anlieger bei Schnee- und Eisglätte die Gehwege zu bestimmten Zeiten von Schnee und Eis freihalten muß, stellt ein Schutzgesetz im Sinne des BGB § 823 Abs 2 dar.

3. Bei Glatteisunfällen sind die Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar, wenn der Verletzte innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht zu Fall gekommen ist, dh dann spricht ein Anscheinsbeweis dafür, daß eine Schutzgesetzverletzung für den Schadeneintritt ursächlich war (Anschluß BGH, 1993-10-04, VI ZR 98/82, NJW 1984, 432).

4. Herrschte am Unfalltag überall, dh im gesamten Stadtgebiet, Schnee- und Eisglätte, so daß sich der Zustand an der Unfallstelle optisch nicht als besonders gefährlich von dem der Umgebung unterschied, rechtfertigt die Einlassung des verletzten Fußgängers, er sei "normal" gegangen, jedenfalls ohne weiteres Feststellungen nicht den Vorwurf eines hälftigen Mitverschuldens.

 

Normenkette

BGB § 254 Abs. 1, § 823 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 20 O 476/93)

 

Fundstellen

Dokument-Index HI538168

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