Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage des Anspruchs auf Ersatz eines entstandenen und noch entstehenden Schadens aus Grundwasserkontamination mit Kerosin, was zu einer Kontaminierung des Erdkörpers geführt hat; §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB (Eigentumsverletzung)

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 17.09.2013; Aktenzeichen 37 O 99/13)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Köln vom 17.9.2013 (Az. 37 O 99/13) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 881.530 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger sind seit dem 3.5.2001 Eigentümer einer gewerblich genutzten Immobilie in X. Das Objekt besitzt eine Größe von 6781 m2 und ist mit drei Gewerbehallen bebaut, die 3228 m2 Nutzfläche einschließlich Bürofläche aufweisen. Die Flächen sind zumindest überwiegend gewerblich vermietet.

Durch ein Leck in einer Kerosinleitung, die von der Beklagten unterhalten und betrieben wurde, kam es am 25.2.2012 zum Austritt von mehr als 1.000.000l Kerosin, welche sich unterirdisch auf dem Grundwasser schwimmend in einer Art unterirdischem See (Kerosinphase) ansammelten. Das Grundstück der Kläger befindet sich vollständig im Bereich der Kerosinphase. Insbesondere in Zusammenhang mit Veränderungen des Grundwasserpegels bei Hochwasser ist es in einem Bereich von etwa 6 bis 9 Metern unterhalb der Geländeoberkante zu einer Kontamination des Erdkörpers in ungewissem Ausmaß gekommen.

Unter Einsatz hierfür errichteter Sanierungsbrunnen lässt die Beklagte seit dem 25.7.2012 Kerosin abpumpen, sammeln und entsorgen. Bezugnehmend auf Stellungnahmen von Gutachtern geht sie davon aus, dass noch 3-5 Jahre lang Kerosin abgepumpt werden muss. Ferner ist beabsichtigt, anschließend die biologischen Prozesse zum Abbau des Kerosin durch Zuführung von Luftsauerstoff (sog. "In-Situ-Verfahren") aktiv zu fördern und zu beschleunigen. Das "In-Situ-Verfahren" wird einen Zeitraum von möglicherweise mehreren Jahrzehnten erfordern, genauere Prognosen sind derzeit nicht möglich.

Die Kläger haben behauptet, das gesamte Erdreich des Grundstücks sei durch Kerosin bzw. aus dem Kerosin herausgelöste Schadstoffe auf Jahrzehnte hin verseucht; eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sei nach derzeitigem Stand der Wissenschaft und Technik wegen überwiegender Unwahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. Der Bodenwert sei auf absehbare Zeit vollständig zerstört.

Die Kläger verlangen Ersatz eines merkantilen Minderwertes des Grundstücks. Sie haben die Ansicht vertreten, dass ihnen der volle Bodenwert, den sie mit 130 EUR/m2 ansetzen, als Minderwert zustehe. Hieraus haben sie sich bei Zugrundelegung der unstreitigen Grundstücksgröße von 6781 m2 eine Forderung i.H.v. 881.530 EUR errechnet. Parallel haben sie bezugnehmend auf den für ein Grundstück in C ermittelten Wert von 120 EUR/qm einen Grundstückswert von 3.486.240 EUR berechnet, den sie als um 25 % gemindert ansehen, woraus sie sich eine Forderung i.H.v. 871.560 EUR errechnet haben.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, ein merkantiler Minderwert könne noch nicht geltend gemacht werden, weil die Schadensbeseitigung noch nicht abgeschlossen sei. Bislang seien rund 200.000l Kerosin abgepumpt worden.

Es sei von einem Bodenwert von lediglich 80 EUR je Quadratmeter auszugehen, der auch nicht auf "Null" reduziert sein könne, da eine Einschränkung der gewerblichen Nutzung weder aktuell vorliege noch für die Zukunft zu befürchten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Der geltend gemachte merkantile Minderwert betreffe lediglich den nach vollständiger Instandsetzung verbleibenden Minderwert, für den auf den Zeitpunkt der vollständigen Instandsetzung abzustellen sei. Hierzu sei klägerseits zu wenig vorgetragen worden. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, woraus sich nach vollständiger Sanierung noch ein Minderwert ergeben solle. Ferner fehle es an Darlegungen zur Gegenüberstellung des unbeeinträchtigten Verkehrswertes mit dem nach Ansicht der Kläger dauerhaft verbleibend beeinträchtigten Verkehrswert.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches, in der Hauptforderung auf Zahlung von 881.530 EUR gerichtetes Begehren weiter. Sie rügen, das LG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Instandsetzung mehrere Jahrzehnte dauern werde. Es sei zu berücksichtigen, dass leichtflüchtige Bestandteile des Kerosins in höherliegende Bodenschichten ausgasten. Bis zum Abschluss des Abpumpens sei zudem ständig...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge