Leitsatz (amtlich)

›In Verfahren vor den Landgerichten kann der Anspruch, daß der Schuldner bei Nichterfüllung des vorrangig verfolgten Herausgabeanspruchs innerhalb bestimmter Frist Schadensersatz leisten muß, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 259 ZPO verbunden werden. Die Verbindung von Herausgabeklage und bedingter Schadensersatzklage ist daher nur dann zulässig, wenn der Kläger wegen gerechtfertigter Besorgnis der Nichterfüllung auf künftige bedingte Leistung von Schadensersatz klagen darf.‹

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Die Klageanträge zu 1) und 2) sind - abgesehen von Bedenken gegen das Rechtsschutzinteresse des Klägers, die im Ergebnis dahingestellt bleiben können - zulässig. Der Klageantrag zu 3) ist bereits unzulässig.

a) Der Kläger begehrt mit dem Klageantrag zu 1) die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe von 142 Bierfässern - hilfsweise 95 Bierfässern - der Marke "F.-Kölsch" wahlweise mit einem Fassungsvermögen von 10 bis 20 Litern. Dieser Antrag genügt entgegen der Auffassung der Beklagten den an einen bestimmten Klageantrag (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) zu stellenden Anforderungen. Bei Herausgabeansprüchen muß der Kläger die begehrte Leistung so genau bezeichnen, daß das entsprechende Urteil klar die Grenzen der Rechtskraft erkennen läßt und demgemäß auch für die Zwangsvollstreckung klar ist (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 55. Aufl., § 253 Rn. 49, 75). Insbesondere sind herausverlangte Gegenstände ausreichend und auch für einen Dritten zweifelsfrei erkennbar zu bezeichnen (vgl. Baumbach/ Lauterbach, aaO., § 253 Rn. 69). Indes stößt die genaue Bezeichnung bei Massenartikeln - wie hier - auf nicht geringe Schwierigkeiten. Um dem Gläubiger in diesen Fällen wenigstens den Versuch einer Zwangsvollstreckung zuzubilligen, wird es für die Zulässigkeit des Klageantrags als ausreichend erachtet, eine möglichst genaue Beschreibung der herauszugebenden Gegenstände vorzunehmen (vgl. Münchener Kommentar/Krüger, ZPO, § 704 Rn. 11). Diesen Anforderungen wird vorliegend durch die Angabe der Anzahl der an die Beklagte gelieferten Bierfässer, die Angabe der Marke "F.-Kölsch" und die Angabe des Fassungsvermögens der Bierfässer von 10 bis 20 Litern genügt. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu beanstanden, daß die Verurteilung zur hinsichtlich des Fassungsvermögens der Bierfässer wahlweisen Herausgabe begehrt wird. Dieser Antrag führt gegebenenfalls in diesem engen Rahmen zu einer Herausgabe der Bierfässer nach der Wahl des Schuldners, also der Beklagten. Im Falle fehlender Mitwirkung der Beklagten wäre im Rahmen der Zwangsvollstreckung das Wahlrecht durch den Gerichtsvollzieher auszuüben.

b) Der Kläger begehrt mit dem Klageantrag zu 2), der Beklagten eine angemessene Frist zur Herausgabe der 142 Bierfässer - bzw. der hilfsweise begehrten 95 Bierfässer - der Marke "F.-Kölsch" zu setzen. Dieser Antrag ist gemäß § 255 Abs. 1 ZPO zulässig, da der Kläger bei fruchtlosem Verstreichen der Frist möglicherweise nach § 283 Abs. 1 Satz 2 BGB das Recht hat, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern.

c) Der auf Freistellung des Klägers von Ansprüchen der Firma F. AG auf Ersatz für verlorengegangene Bierfässer aus den Lieferungen an die Beklagte gerichtete Klageantrag zu 3) ist unzulässig. Mit der Verurteilung zur Herausgabe von Sachen kann in Verfahren vor den Landgerichten der Ausspruch, daß der Schuldner bei Nichterfüllung des Herausgabeanspruchs innerhalb bestimmter Frist Schadensersatz - beziehungsweise Freistellung von Ansprüchen Dritter - leisten muß, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 259 ZPO verbunden werden (vgl. OLG Koblenz, AnwBl. 1990, 107, 108; OLG Köln, OLGZ 1976, 477, 478; OLG Schleswig, NJW 1966, 1929, 1930; Münchener Kommentar/Lüke, aaO., § 255 Rn. 14; Erman/Battes, BGB, 9. Aufl., § 283 Rn. 18; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., § 65 IV 3 a (S. 358), K. Schmidt, ZZP 87 (1974), 49 ff., 67 ff., 69; ohne Einschränkung ablehnend: OLG München, OLGZ 1965, 10, 12). Die Verbindung von Herausgabeklage und bedingter Schadensersatzklage ist daher nur dann zulässig, wenn der Kläger wegen gerechtfertigter Besorgnis der Nichterfüllung auf künftige bedingte Leistung von Schadensersatz klagen darf. Das ist vorliegend indes nicht der Fall. Der Kläger hat keine Umstände dargelegt, die dafür sprechen, daß die Beklagte sich - nach Verurteilung zur Herausgabe der Bierfässer und fruchtlosem Verstreichen der Frist zur Herausgabe - der rechtzeitigen Leistung von Schadensersatz entziehen, beziehungsweise ihn nicht von Ansprüchen der Firma F. AG freistellen wird. Eine entsprechende Anwendung der für das Ver-fahren vor den Amtsgerichten geltenden Bestimmung des § 510 b ZPO scheidet ebenfalls aus, da dort die Verbindung ausdrücklich nur bei Verurteilungen zur Vornahme einer Handlung vorgesehen ist, nicht jedoch bei der Verurteilung zur Herausgabe (vgl. OLG Köln, OLGZ 1976, 477, 478).

d) Bed...

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