Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmensnachfolge

 

Leitsatz (redaktionell)

Gemäß § 592 ZPO können Gegenstand eines Urkundsprozesses nur Ansprüche auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder auf Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere sein. Hierunter läßt sich der Anspruch auf Übertragung von Gesellschaftsanteilen einer GmbH nicht fassen. Insbesondere handelt es sich bei den Gesellschaftsanteilen an einer GmbH nicht um Wertpapiere.

 

Normenkette

ZPO § 592; GmbHG § 15

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 03.09.1993; Aktenzeichen 87 O 74/93)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 3. September 1993 verkünde-te Urteil der 7. Kammer für Han-delssachen des Landgerichts Köln – 87 O 74/93 –, berichtigt mit Be-schluß vom 30. September 1993, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die dem Beklagten vorbehaltene Aus-führung seiner Rechte im Nachverfah-ren entfällt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger kann gestützt auf § 12 des Gesellschaftsvertrages von dem Beklagten die vorbehaltlose Übertragung der Gesellschaftsan-teile verlangen.

Dem steht zunächst der Umstand, daß der Kläger seinen Anspruch in erster Instanz unzulässiger-weise in der von ihm gewählten Verfahrensart des Urkundsprozesses verfolgt hat, nicht entgegen. Ge-mäß § 592 ZPO können Gegenstand eines Urkundspro-zesses nur Ansprüche auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder auf Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere sein. Hierunter läßt sich der Anspruch auf Übertragung von Gesellschaftsanteilen einer GmbH nicht fas-sen. Insbesondere handelt es sich bei den Gesell-schaftsanteilen an einer GmbH nicht um Wertpapiere (Zöller/Stöber, ZPO, 18. Aufl., § 821 Rdnr. 2 ff.). Der Gesellschaftsanteil an einer GmbH ist von seinem Inhalt und seiner Funktion her auch nicht mit einer Aktie zu vergleichen, die die rechtliche Qualität eines Inhaberpapiers hat. Zwar repräsentiert der Gesellschaftsanteil an einer GmbH (§ 14, 15 GmbHG) wie die Aktie die Mitglied-schaft bei der Kapitalgesellschaft. Allerdings kann der Gesellschaftsanteil an einer GmbH nicht in einem Wertpapier verbrieft werden. Auch wenn die Satzung einer GmbH die Ausgabe von Geschäfts-anteilscheinen vorsieht, handelt es sich insoweit lediglich um bloße Beweisurkunden, deren Besitz zur Geltendmachung der Mitgliedschaftsrechte nicht erforderlich ist. Derartige Legitimationspapiere sind aber keine Wertpapiere im Sinne der §§ 592, 821 ZPO (Zöller/Stöber a.a.O., § 821 Rdnr. 6).

Allerdings hat der Kläger auf einen entsprechen-den Hinweis des Berufungsgerichts hin in der mündlichen Verhandlung von der unzulässigen Ver-fahrensart des Urkundsprozesses Abstand genommen (§ 596 ZPO) und verfolgt seinen Anspruch nunmehr im ordentlichen Verfahren. Dieser Verfahrenswech-sel in der Berufungsinstanz ist in entsprechender Anwendung des § 263 ZPO jedenfalls dann zuzulas-sen, wenn die Sache ohne weitere Beweiserhebungen entscheidungsreif ist. Dies ist hier deshalb der Fall, weil es nicht entscheidungserheblich ist, ob die nach der Behauptung des Beklagten der Kündigung des Gesellschaftsvertrages voraus-gehenden Umstände, deren Richtigkeit er in das Wissen von Zeugen gestellt hat, seinen Rücktritt vom Gesellschaftsvertrag oder dessen Anfechtung gerechtfertigt hätten. Die Parteien sind nämlich anläßlich der vom Beklagten mit Schreiben vom 28. Oktober 1991 mit sofortiger Wirkung ausgesproche-nen Kündigung dahin übereingekommen, daß diese als fristgerechte Kündigung zum 31. Dezember 1992 an-zusehen sei. Das dahingehende Angebot des Klägers hat der Beklagte mit vorgerichtlichem Schriftsatz seiner Rechtsanwälte vom 22. Dezember 1992 ange-nommen. Dort heißt es nämlich u.a., „nach dem abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag unter Einbe-ziehung der seitens unserer Mandantschaft seiner-zeit ausgesprochenen Kündigung ist der Vertrag zum 31.12.1992 seitens unseres Mandanten gekündigt.” Nach dem Inhalt des vor einem Notar geschlossenen Gesellschaftsvertrages, der der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG genügt (BGH NJW 1969, 2049), ist der Beklagte seit seinem Ausscheiden aus der Gesell-schaft aufgrund der zum 31.12.1992 wirksam gewor-denen Kündigung zur Übertragung seiner Geschäfts-anteile auf den als Gesellschafter allein verblie-benen Kläger verpflichtet (§ 12 des Gesellschafts-vertrages a.E.).

Der Beklagte ist auch nicht berechtigt, mit der Übertragung der Geschäftsanteile Zug um Zug gegen Zahlung deren Wertes zurückzuhalten. Dies folgt bereits aus den hierzu im Gesellschaftsvertrag ge-troffenen Regelungen, wonach die dem ausscheidenen Gesellschafter zustehende Abfindung in Höhe des Wertes des Gesellschaftsanteils, den dieser im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist hat, in-nerhalb von 2 Jahren nach Wirksamwerden der Kündi-gung nebst Zinsen zu zahlen ist. Daß der kündigen-de Gesellschafter im Gegensatz dazu verpflichtet ist, seine Gese...

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