Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustandekommen von Verträgen über Internet-Plattformen

 

Leitsatz (amtlich)

Im geschäftlichen Verkehr über Internet-Verkaufsplattformen gelten hinsichtlich des Zustandekommens von Verträgen die allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff. BGB. Die Besonderheit, dass die Beteiligten dort unter Mitgliedsnamen oder anderen Bezeichnungen in Erscheinung treten, die ihre wahre Identität nicht erkennen lassen, ändert nichts daran, dass derjenige, der sich auf einen wirksamen Vertragsschluss beruft, darlegen und beweisen muss, dass die hinter der jeweiligen Bezeichnung stehende Person tatsächlich Vertragspartner geworden ist. Derjenige, der über eine Bekannte ein Benutzerkennwort bei "e-bay" anmelden lässt, haftet nicht schon dann nach den Grundsätzen der Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht auf Zahlung des Kaufpreises von 74.900 EUR, wenn ohne sein Wissen unter seinem Kennwort ein Gebot zum Kauf eines Luxussportwagens abgegeben worden ist.

 

Normenkette

BGB §§ 145 ff.; BGB §§ 164 ff.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen 12 O 55/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 2.6.2005 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Aachen (12 O 55/05) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises für einen Pkw Porsche 996 Carrera 4 S. Coupe, Baujahr ....

Der Kläger tritt unter der Bezeichnung "T." im Internet als Verkäufer auf. Unter dem 14.10.2004 stellte er den o.g. Pkw in die Verkaufsplattform "eBay" unter Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma "E.N. GmbH" (seiner Arbeitgeberin) ein. Am 20.10.2004 erhielt der Kläger die Nachricht, dass unter dem Benutzernamen "C." die Option "sofort kaufen" zum Kaufpreis von 74.900 EUR genutzt worden war. Der Benutzername "C." war für die Beklagte von einer Freundin, der Zeugin D., bei "eBay" angemeldet worden. Die Beklagte selbst verfügt über keinen PC. Sie hat jedoch über den Internetanschluss der genannten Zeugin unter der Bezeichnung "C" mehrfach kleinere Geschäfte abgewickelt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm die Beklagte aufgrund eines wirksam zustande gekommenen Kaufvertrages zur Zahlung des Kaufpreises von 74.900 EUR Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges verpflichtet sei. Die Beklagte, die aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Prozesskostenhilfe beansprucht, hat bestritten, das Gebot vom 20.10.2004 abgegeben zu haben und verweigert den Vollzug des Geschäfts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage durch Urt. v. 2.6.2005, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Parteien sei kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Bereits das Angebot des Klägers sei nicht bindend gewesen, weil er sich auf die von "eBay" abweichenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen seiner Arbeitgeberin bezogen habe, wonach die Annahme eines eventuellen Gebotes für ihn freibleibend sein sollte. Das unter dem Benutzernamen der Beklagten abgegebene Angebot sei den Umständen nach durch den Kläger aber nicht rechtzeitig angenommen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Schlussanträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, das angefochtene Urteil verstoße gegen materielles Recht. Bei sachgerechter und den Grundsätzen des § 133 BGB entsprechender Auslegung sei das von ihm eingestellte Angebot sehr wohl bereits im Sinne einer bindenden Verkaufsofferte zu verstehen gewesen. Die Kammer habe nicht allein auf den Wortlaut der in Bezug genommenen AGB abstellen dürfen. Bei einer Gesamtschau ergebe sich insb. aufgrund des Hinweises "sofort kaufen" vielmehr, dass das Verkaufsangebot verbindlich gemeint gewesen sei. Es sei mittlerweile "Allgemeingut und zwischenzeitlich in allen Bevölkerungskreisen bekannt", dass über "eBay" ausschließlich rechtlich verbindliche Geschäfte abgewickelt würden. Im Übrigen sei bereits durch E-Mail vom 20.10.2004 der Beklagten auch mitgeteilt worden, dass deren Gebot angenommen werde.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Köln vom 2.6.2005 (12 O 55/05) aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 74.900 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.11.2004 Zug um Zug gegen Übergabe des Pkw Marke Porsche 996 Carrera 4 S. Coupe, Fahrgestellnummer-Nr. ..1 sowie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 928 EUR zu zahlen.

Hilfsweise beantragt de...

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