nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Allg. Zivilrecht. Amtshaftung. Sicherheitsanforderungen bei Fußgängerüberweg über Straßenbahngleise

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Anforderungen an die Verkehrsregelung auf einem Fußgängerüberweg im Bereich einer aus zwei Richtungsfahrbahnen und separaten Straßenbahngleisen bestehenden Verkehrsfläche.

2. Es kann eine schuldhafte Amtspflichtverletzung darstellen, wenn die Benutzer eines derartigen Überwegs vor herannahenden Straßenbahnen nicht ausreichend gewarnt werden. Erfolgt die Warnung durch gelbes Blinklicht, so muss vermieden werden, dass das Blinklicht auch dann aufleuchtet, wenn sich keine Bahn nähert; erforderlich ist eine auf Zugkontakt reagierende („zugbediente”) Warnanlage.

3. Kommt es bei einer unzulänglichen Warnanlage zu einem Unfall, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Unfall bei ordnungsgemäßer Beschaffenheit des Anlage vermieden worden wäre.

4. Die mangelhafte Sicherung eines über die Gleise führenden Fußgängerüberwegs erhöht die von dem Bahnunternehmer gem. § 1 Abs.1 HPflG zu vertretende Betriebsgefahr.

 

Normenkette

HaftpflG § 1; GG Art. 34; BGB §§ 839, 847

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 5 O 507/93)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18. Januar 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 5 O 507/93 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld i.H.v. 30.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.01.1994 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 5.115,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.01.1994 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind, dem Kläger auch alle weiteren Schäden zu ersetzen, die ihm zukünftig aus dem Verkehrsunfall vom 18.12.1990 an der Kreuzung L. Straße/G.weg/S.straße in K. entstehen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen, die Beklagte zu 1) jedoch nur die immateriellen Schäden unter Berücksichtigung eines mit einer Quote von 2/3 anzusehenden Mitverschuldens des Klägers, die Beklagte zu 2) nur 1/3 der materiellen Schäden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten zu 2) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 95 %, die Beklagte zu 1) zu 4 % und die Beklagte zu 2) zu 1 %; der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) zu 88 %, der Beklagten zu 2) zu 96 % und des Beklagten zu 3) zu 100 %; weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit beträgt im Falle der Vollstreckung

  1. des Klägers gegen die Beklagte zu 1) 42.000,00 DM;
  2. des Klägers gegen die Beklagte zu 2) 8.000,00 DM;
  3. der Beklagten zu 1) 19.000,00 DM;
  4. der Beklagten zu 2) 22.000,00 DM;
  5. des Beklagten zu 3) 23.000,00 DM.
 

Tatbestand

Der Kläger fordert von den Beklagten Schadensersatz wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls, der sich am 18. Dezember 1990 gegen 18.30 Uhr auf der Kreuzung L. Straße/S.straße/G.weg in K. ereignete. Der Kläger hatte, aus Richtung S.straße kommend, den Fußgängerüberweg auf der stadtauswärts führenden Fahrbahn der L. Straße überquert und wollte seinen Weg über die Straßenbahngleise in Richtung G.weg fortsetzen. Beim Betreten der Gleise wurde er von einer stadtauswärts fahrenden Straßenbahn erfasst und schwer verletzt. Betreiberin der Bahn war die Beklagte zu 2), Fahrer war der Beklagte zu 3). Für die Verkehrsregelung war die Beklagte zu 1) zuständig.

Die L. Straße ist im Bereich der Unfallstelle in zwei Richtungsfahrbahnen mit jeweils zwei Fahrstreifen nebst einem Haltestreifen und einen separaten Mittelabschnitt mit einer zweigleisigen Bahnanlage unterteilt. In die vom Stadtzentrum aus südwestlich verlaufende Straße münden der G.weg von links und die S.straße von rechts. Der Verkehr auf der Kreuzung wird durch eine Lichtzeichenanlage mit gesonderten Signalgebern für die Straßenbahn geregelt. In die Lichtzeichenregelung sind auch die auf allen vier Seiten der Kreuzung angeordneten Fußgängerüberwege einbezogen. Für Fußgänger, die die L. Straße überqueren, werden im Bereich der beiden Richtungsfahrbahnen Wechsellichtzeichen abgegeben, während in dem dazwischen liegenden Gleisbereich durch zusätzliche Signale vor dem Bahnverkehr gewarnt wird. Zur Unfallzeit bestand diese Anlage aus zwei an den Signalmasten beiderseits des Gleiskörpers angebrachten Leuchten mit einem Durchmesser von 300 mm, die für beide Gehrichtungen jeweils ein gelb blinkendes Straßenbahnsymbol zeigten. Sie wurde nach dem Unfall im Zuge des Ausbaus der L. Straße durch eine mit insg...

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