Leitsatz (amtlich)

›Die Pflicht des unterhaltsberechtigten Ehegatten, dem steuerlichen Realsplitting zuzustimmen, ist davon abhängig, daß der Unterhaltspflichtige die finanziellen Nachteile ausgleicht, die dem Berechtigten hieraus erwachsen. Einen Anspruch auf Erstattung der Vergütung für die Inanspruchnahme eines Steuerberaters hat der Unterhaltsberechtigte grundsätzlich nicht. Eine Verpflichtung zur Erstattung dieser Kosten kann aber in Betracht kommen, wenn der Unterhaltsberchtiogte in steuerlichen Angelegenheiten unerfahren ist, nicht die Möglichkeit hat, an vorliegende Veranlagungen und Bescheide anzukämpfen, und es aus seiner Sicht auch nicht genügt, sich wegen lediglich ergänzender Fragen an das Finanzamt zu wenden (im Anschluß an BGH FamRZ 1988, 821).‹

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Erstattung von Steuerberaterkosten in Höhe von insgesamt 1.695,56 DM verlangen.

Das Klagebegehren rechtfertigt sich daraus, dass die Klägerin auf Wunsch des Beklagten jeweils die Anlage U zu den Steuererklärungen des Beklagten für die Jahre 1993 und 1994,- mit der dieser das begrenzte Realsplitting geltend gemacht hat, unterschrieben hat. Die Pflicht des unterhaltsberechtigten Ehegatten, dem steuerlichen Realsplitting zuzustimmen, ist davon abhängig, dass der Unterhaltspflichtige die finanziellen Nachteile ausgleicht, die dem Berechtigten daraus erwachsen (BGH, FamRZ 1983, 567; 1984, 1212; 1988, 821). Zu diesen Nachteilen gehört in erster Linie die Steuerbelastung oder Steuermehrbelastung, die sich für den Unterhaltsempfänger aus der Versteuerung der erhaltenen Unterhaltszahlungen ergibt. Im Einzelfall können aber auch solche Kosten darunter fallen, die der Unterhaltsberechtigte aus Anlass der Zustimmung zum Realsplitting zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Interessen aufwendet. Einen Anspruch auf Erstattung der Vergütung für die Inanspruchnahme eines Steuerberaters hat der Unterhaltsberechtigte zwar grundsätzlich nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Unterhaltspflichtige von vornherein verbindlich erklärt, dass er den anderen von den ihn dadurch treffenden steuerlichen Lasten freistellt. In diesem Fall hat der Unterhaltsberechtigte im allgemeinen keinen Anlass, wegen des Realsplittings noch den Rat oder die Unterstützung eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen (BGH, FamRZ 1988, 821; vgl. auch Urteil des Senats vom 22.09.1993 - 27 UF 4/93 -. Der Grundsatz, dass Kosten für den Steuerberater nicht zu erstatten sind, erfährt indessen Ausnahmen. Richtig ist zwar, dass der Beklagte vorprozessual seine Bereitschaft erklärt hat, die Klägerin von ihren steuerlichen Lasten infolge der Durchführung des Realsplittings, freizustellen. Diese Erklärung schließt einen Erstattungsanspruch der Klägerin jedoch nicht von vornherein aus. Eine Verpflichtung, dem Unterhaltsberechtigten die Kosten für den Steuerberater zu ersetzen, kommt unter Umständen dann in Betracht, wenn der Unterhaltsgläubiger in steuerlichen Angelegenheiten unerfahren ist, nicht die Möglichkeit hat, an bereits vorliegende Veranlagungen und Bescheide anzuknüpfen, und es aus seiner verständigen Sicht auch nicht genügt, sich wegen lediglich ergänzender Fragen an das Finanzamt zu wenden (vgl. BGH, FamRZ 1988, 821). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier hinsichtlich der Steuererklärungen, für die Jahre 1993 und 1994 vor.

Die Klägerin hat die Steuererklärungen ausschließlich wegen der Inanspruchnahme des steuerlichen Realsplittings durch den Beklagten abgeben müssen. In den vorgelegten Steuerbescheiden für die Jahre 1993 und 1994 sind als Einkünfte allein die Unterhaltsleistungen des Beklagten angegeben. Die Abgabe der Steuerklärungen war wegen dieser Unterhaltszahlungen erforderlich, da gem. § 56 Satz 1 Nr. 2 a EStDV eine Steuererklärungspflicht besteht, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 12.203,00 DM betragen hat und darin keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen Steuerabzug vorgenommen worden ist, enthalten sind. Die durch das Realsplittingverfahren bedingte Notwendigkeit der Abgabe einer Steuererklärung genügt freilich für sich allein noch nicht, um der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Steuerberaterkosten zuzubilligen. Unabhängig von etwaigen Erfahrungen der Klägerin in steuerlichen Angelegenheiten wäre der Beklagte mit Kosten eines Steuerberaters für die Klägerin nicht zu belasten, wenn die Abgabe der Steuererklärungen mit geringem Aufwand und auch ohne besondere Sachkenntnis unter ergänzender Mithilfe durch die Finanzbehörde hätte geschehen können. Die streitgegenständlichen Steuererklärungen trugen jedoch die Besonderheit, dass jeweils die Anlage FW - Förderung des Wohnungseigentums - auszufüllen war, wie sich auch aus den Hinweisen in den Steuerbescheiden auf die "Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung" ergibt. An Steuererklärungen und -bescheide für die vorausgegangenen Jahre konnte die Klägerin insoweit nicht anknüpfen, da sie nach ihrer unwidersprochen ge...

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