Entscheidungsstichwort (Thema)

"Zinsbonus Volltreffer": Abhängigkeit des Zinssatzes vom Turniererfolg der Fußball-Nationalmannschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Unterlassungsantrag, mit dem untersagt werden soll, "für eine Festgeldanlage zu werben, wenn der Zinsbonus von dem Ergebnis eines zukünftigen Sportereignisses abhängt", erfasst auch dann, wenn er eine bestimmte Werbemaßnahme als konkrete Verletzungsforum in Bezug nimmt, keine etwaige Irreführung durch diese Werbung; er beschränkt vielmehr die richterliche Prüfung auf die Frage, ob die Verknüpfung der Zinshöhe mit dem Ausgang des Sportereignisses eine zulässige Koppelung darstellt.

2. Die zeitweilige Überlassung von Kapital gegen Zahlung einer Rendite nach Ende der Laufzeit stellt weder die "Inanspruchnahme einer Dienstleistung" noch den "Erwerb einer Ware" i.S.v. § 4 Nr. 6 UWG dar. Die Abhängigkeit der Zinshöhe von einem sportlichen Erfolg stellt auch keine Koppelung der Geldanlage mit einem daneben veranstalteten Preisausschreiben dar.

3. Ein derartiges Geldanlageangebot ist nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher unangemessen unsachlich zu beeinflussen (§ 4 Nr. 1 UWG), wenn der denkbare Zinssatz zwischen 2 % und 3,5 % schwankt.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nrn. 1, 6, §§ 5, 11; StGB § 284 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 16.09.2004; Aktenzeichen 14 O 107/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen I ZR 57/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Bonn vom 16.9.2004 - 14 O 107/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., Frankfurt/M., beanstandet die Werbung der Beklagten, der Deutsche Postbank AG, für eine Festgeldanlage, deren Verzinsung sich aus einem garantierten Basiszinssatz und einem vom Ergebnis eines Sportereignisses abhängigen Zinsbonus zusammensetzt.

Die Beklagte bot im Zeitraum vom 1.4. bis zum 12.6.2004 anlässlich der damals bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft in Portugal eine sechsmonatige Festgeldanlage mit einem Mindestanlagebetrag an und bewarb diese u.a. im Internet. Neben einer garantierten Basisverzinsung, die je nach Höhe der Einlage (ab 2.500, ab 10.000 bzw. ab 50.000 EUR) 1,30 %, 1,40 % bzw. 1,50 % p.a. betrug, konnte ein zusätzlicher Zinsbonus erzielt werden, dessen Höhe sich nach dem Erfolg der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft richtete. Bei Erreichen des Viertelfinales erhielt der Anleger einen Zinsbonus von 25 % auf den jeweiligen Basiszins, so dass je nach Anlagebetrag der (Gesamt-)Zinssatz 1,63 %, 1,75 % bzw. 1,88 % p.a. betrug. Das Erreichen des Halbfinales führte zu einem Zinsbonus von 50 % mit der Folge, dass der Anleger eine Verzinsung von 1,95 %, 2,10 % bzw. 2,25 % p.a. erhielt. Bei Erreichen des Finales ergab sich ein Zinsbonus von 75 %, was zu einem Zinssatz von 2,28 %, 2,45 % bzw. 2,63 % p.a. führte. Für den Fall, dass die deutsche Nationalmannschaft Europameister wurde, versprach die Beklagte einen Zinsbonus von 150 % mit der Folge, dass der Zinssatz auf 3,25 %, 3,50 % bzw. 3,75 % p.a. stieg.

In dem als "P Bonus Volltreffer" bezeichneten Angebot hieß es, dass "bis zu 150 % Zinsbonus" erzielt werden könnten. Das Wort Zinsbonus war mit einem Sternchenhinweis versehen, der zu einer sich am Ende der Internetseite befindenden Fußnote mit dem Hinweis "bezogen auf den garantierten Basiszinssatz" führte. Mit Hilfe eines Link "Preise/Konditionen" gelangte der Interessent zu einer Übersicht, die für jedes mögliche Abschneiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei dem Turnier die insgesamt gewährten Zinsen (Basiszins und Zinsbonus) darstellte und ebenfalls den erwähnten Sternchenhinweis enthielt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Gestaltung der Werbung wird auf den im Antrag zu I wiedergegebenen Internetausdruck Bezug genommen.

Der Kläger hält die Werbung für irreführend und im Hinblick auf die Abhängigkeit der Rendite von dem Ergebnis eines zukünftigen Sportereignisses für i.S.d. §§ 4 Nr. 1 und 4 Nr. 6 UWG unlauter. Er hat nach vergeblicher Abmahnung, deren Kosten er mit dem nachfolgend darzustellenden Antrag zu II verlangt hat, beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichteten Werbung wie nachstehend wiedergegeben für eine Festgeldanlage zu werben, wenn der Zinsbonus von dem Ergebnis eines zukünftig stattfindenden Sportereigni...

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