Entscheidungsstichwort (Thema)

Eheliches Güterrecht, Verfügung über Gesamtvermögen bei mehraktiger Veräußerung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine nach § 1365 BGB einwilligungspflichtige Vermögensverfügung im Ganzen liegt auch vor, wenn der wesentliche Teil des Vermögens aufgrund eines Gesamtplans in drei Akten - verteilt über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr - veräußert wird.

2. Zur Frage eines Gesamtplans zur systematischen Veräußerung des nahezu gesamten Vermögens.

3. Auch bei einem Restvermögen von 11,3 % kann (selbst bei einem größeren Gesamtvermögen) Einwilligungspflicht nach § 1365 BGB bestehen.

 

Normenkette

BGB § 1365

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 29.07.2011; Aktenzeichen 26 O 398/09)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.7.2011 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln - 26 O 398/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten Berichtigung des Grundbuches betreffend ein Hausgrundstück in L., S. straße 0, das der Beklagte 2005 nach der Behauptung des Klägers unter Verstoß gegen § 1365 BGB wissentlich und ohne seine Zustimmung von der Mutter des Beklagten und seiner inzwischen getrennt lebenden Ehefrau, der Zeugin X., gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente von 1.100 EUR erworben hatte.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Berichtigung des Grundbuchs des AG Köln von M. B1 Gebäude- und Freifläche S. strasse O dahingehend zuzustimmen, dass Frau X., A. 01, C., als Eigentümerin eingetragen wird.

Der Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt.

Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des LG wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 163 bis 176 GA) Bezug genommen.

Das LG hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen stattgegeben. Das LG hat es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass die Mutter des Beklagten, die Zeugin X., mit der Verfügung über das streitgegenständliche Hausgrundstück in L., S. straße 0, sowie mit der Übertragung eines im Jahr zuvor ebenfalls an den Beklagten veräußerten Grundstücks in C., A. 01a, das ihr Ende der achziger/Anfang der neunziger Jahre vom Kläger übertragen worden war, über ihr Vermögen im Ganzen verfügt habe ohne Zustimmung des Klägers. Dabei habe es sich im Wesentlichen um das gesamte Vermögen der Zeugin X. gehandelt, was dem Beklagten auch bekannt gewesen sei. Wegen der Gründe im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Blatt 167-175 GA) Bezug genommen.

Der Beklagte hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel, mit dem er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, ordnungsgemäß begründet.

Der Beklagte rügt zunächst, dass es sich bei dem angefochtenen Urteil um ein Überraschungsurteil handele, welches unter Verstoß gegen die Hinweispflicht gem. § 139 ZPO ergangen sei. Das LG habe darauf hinweisen müssen, dass es die beiden Grundstücksverfügungen möglicherweise als ein "Gesamtgeschäft" betrachten werde. Dies gelte insbesondere, weil im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 6.9.2010 vom Gericht offensichtlich noch eine andere Rechtsansicht vertreten worden sei. Von dem vom LG letztlich angenommenen "Gesamtgeschäft" könne auch nicht ausgegangen werden. Die beiden Verträge hätten unterschiedliche Grundstücke betroffen, über die zu unterschiedlichen Zeiten und zu unterschiedlichen Zwecken verfügt worden sei. Ein Gesamtplan für beide Verfügungen sei nicht gegeben gewesen. Dazu behauptet der Beklagte nunmehr, die Zeugin X. habe ursprünglich geplant, das Hausgrundstück in L. seinem Bruder zu übertragen, um beide Söhne gleich zu behandeln. Die Übertragung an den Bruder habe indessen wegen dessen Drogensucht heraus gezögert werden sollen, um den Erfolg einer Drogentherapie abzuwarten. Für die Wartezeit habe die Zeugin X. ihm, dem Beklagten, das Grundstück zur Miete überlassen. Im Jahre 2005 habe die Zeugin X. erfahren, dass der Bruder seine Drogentherapie abgebrochen habe und deshalb die erhoffte Stabilisierung seiner Lebenssituation ausbleiben würde. Nachdem der Bruder bei einem Besuch in der Wohnung der Zeugin X. ein Schmuckstück gestohlen habe, um mit dem Verkaufserlös die Befriedigung seiner Drogensucht zu finanzieren, habe die Zeugin X. den Entschluss gefasst, das Grundstücke in L. nicht auf dem Bruder zu übertragen, sondern ihm, dem Beklagten, auf Rentenbasis zu verkaufen. Dies sei auch für den Kläger günstig gewesen, da er als Ehemann der Zeugin X. von den Einkünften seiner Ehefrau profitiere und daher mi...

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