Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 24 O 277/20)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.12.2020 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 277/20 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Versicherungsleistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung.

Sie betreibt auf der A-Straße 103 in B das "C". Für diese Betriebsstätte unterhält sie bei der Beklagten zur Versicherungsscheinnummer xyx eine Betriebsschließungsversicherung infolge Seuchengefahr (BSV), im Rahmen derer die Gefahr der Betriebsschließung gemäß Nachtrag Nr. 2 vom 16.04.2020 mit einer Tagesentschädigung von 17.948,00 Euro für eine Haftzeit von 30 Tagen versichert ist. Dem Versicherungsvertrag liegen, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) - AVB BS 2002 - Fassung Stand Januar 2008 (im Folgenden: AVB BS 2002) zugrunde.

Diese lauten auszugsweise wie folgt:

"...

§ 1 Gegenstand der Versicherung

1. Versicherungsumfang

Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; ...

2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:

f) Krankheiten:

...

g) Krankheitserreger:

...

...

§ 3 Ausschlüsse

...

4. Krankheiten und Krankheitserreger

Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.

..."

In den in § 1 Nr. 2 enthaltenen Aufzählungen sind weder die Krankheit COVID-19 noch der diese verursachende Krankheitserreger SARS-CoV-2 enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf den Versicherungsschein vom 01.04.2013 und den Nachtrag Nr. 2 zum Versicherungsschein (Anlagenkonvolut 2 im Anlagenband und Anlage K1 im Anlagenband) sowie auf die AVB BS 2002 (Anlage B1, Bl. 80 ff. d.A.) Bezug genommen.

Am 16.03.2020 erließ die Oberbürgermeisterin der Stadt B mit sofortiger Wirkung auf der Grundlage des § 28 IfSG in der seinerzeit geltenden Fassung eine Allgemeinverfügung, in der zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 unter anderem die Schließung von Gaststätten angeordnet wurde. Eine entsprechende Untersagung des Betriebs gastronomischer Einrichtungen erfolgte auf der Grundlage des § 32 IfSG durch § 9 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaSchVO) vom 22. März 2020 (GV.NRW. S. 177a). Während dieses sog. (ersten) Lockdowns war es der Klägerin in der Zeit vom 17.03.2020 bis zum 10.05.2020 untersagt, ihren Betrieb für Publikum zu öffnen.

Die Klägerin zeigte der Beklagten die Schließung des Betriebs zunächst selbst an und begehrte für die Dauer der vertraglich vereinbarten Haftzeit eine Entschädigung. Die Beklagte lehnte eine Einstandspflicht mit Email vom 09.04.2020 mit der Begründung ab, das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) sei nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Eine anwaltliche Aufforderung zur Leistung blieb ebenfalls erfolglos.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin erstinstanzlich zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 430.920,00 Euro und sodann aufgrund einer Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 20.10.2020, welcher der Beklagten am 30.10.2020 zugestellt wurde, die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 538.440,00 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlicher Kosten begehrt.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sei ein Deckungsschutz nur bei Betriebsschließungen aufgrund der unter § 1 Ziff. 2 der AVB im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vorgesehen. COVID-19/SARS-CoV-2 seien dort nicht mitaufgeführt und seien zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages noch nicht bekannt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Begründung des Landgeri...

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