Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 23.10.2007; Aktenzeichen 9 O 183/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 23.10.2007 wird der Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Bonn vom 24.9.2007 geändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Antragsteller wird für die Klage mit dem Antrag seiner Klageschrift vom 10.5.2007 und die Verteidigung gegen die Aufrechnung im Schriftsatz der Beklagten vom 6.9.2007 Prozesskostenhilfe bewilligt. Insoweit wird ihm zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte in der ersten Instanz Frau Rechtsanwältin L Q in E beigeordnet. Zahlungen auf die Prozesskosten nach den §§ 115, 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO braucht der Antragsteller nicht zu leisten.

 

Gründe

1. Die Antragsgegnerin ist die Alleinerbin des am 8.9.2005 verstorbenen Erblassers K M. Der Antragsteller, das einzige Kind des Erblassers und der Beklagten, nimmt sie auf Zahlung eines Pflichtteils i.H.v. 10.487,41 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Durch Beschluss vom 16.7.2007 hat der Einzelrichter des LG den Antrag des Antragstellers vom 10.5.2007, ihm für eine Klage auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen Prozesskostenhilfe zu bewilligen, mit der Begründung abgelehnt, dass die Zahlungsklage keine Aussicht auf Erfolg habe. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 26.7.2007 hat der Senat durch Beschl. v. 16.8.2007 - 2 W 61/07 - den Beschluss vom 16.7.2007 aufgehoben, die Sache zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch vom 10.5.2007 an das LG zurückverwiesen und dieses angewiesen, das Prozesskostenhilfegesuch nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen.

Mit Schriftsatz vom 6.9.2007 hat die Antragsgegner ggü. der Klageforderung, der sie nach wie vor entgegen tritt, hilfsweise die Aufrechnung mit behaupteten, in diesem Schriftsatz näher aufgeführten Gegenansprüchen erklärt. Daraufhin hat das LG durch Beschluss vom 24.9.2007 das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers vom 10.5.2007 erneut zurückgewiesen und ausführt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe aufgrund eines ggü. dem Senatsbeschluss vom 16.8.2007 veränderten Sach- und Streitstandes keine Aussicht auf Erfolg. Denn der vom Antragsteller geltend gemachte Pflichtteilsanspruch sei jedenfalls durch die im Schriftsatz vom 6.9.2007 erklärte Aufrechnung der Antragsgegnerin mit Ansprüchen auf Darlehensrückzahlung erloschen.

Gegen diesen Beschluss vom 24.9.2007 wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde vom 23.10.2007, der das LG gemäß Beschluss vom 19.11.2007 nicht abgeholfen hat.

2. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie, insbesondere gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und in rechter Frist (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Das LG hat das Prozesskostenhilfegesuch zu Unrecht abgelehnt.

Bereits im Ansatz fehl gehen die Erwägungen, mit denen der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin unter Ziff. II 1 seines Schriftsatzes vom 6.9.2007 den Ausführungen des Senatsbeschlusses vom 16.8.2007 zur Frage des § 2315 BGB entgegen tritt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat hierbei verkannt, dass es auf seine insoweit erhobenen Einwendungen für die nach dem Beschluss vom 16.8.2007 zu treffende Entscheidung des LG über das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers bereits deshalb nicht ankommen konnte, weil das LG insoweit in entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 2 ZPO bei unveränderter Sachlage an die dem Beschluss vom 16.8.2007 zugrunde liegende rechtliche Beurteilung gebunden war (vgl. BGHZ 51, 131 [135]; BGH NJW 2006, 1000; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 572 Rz. 21). Auch der beschließende Senat ist, da er nunmehr erneut als Beschwerdegericht mit der Sache befasst ist, bei seiner vorliegenden Entscheidung an die von ihm in seinem Beschluss vom 16.8.2007 vertretene, der damaligen Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegende Auffassung gebunden (vgl. GmS-OGB BGHZ 60, 392 [396]; BGH NJW 2006, 1000; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O.). Hiervon abgesehen sind die Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Ausführungen des Senatsbeschlusses vom 16.8.2007 zur Frage des § 2315 BGB auch in der Sache selbst unzutreffend. Zwar trifft es zu, dass der Erblasser die Bestimmung, der Pflichtteilsberechtigte müsse sich eine Zuwendung auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen, im dafür maßgeblichen Zeitpunkt, also vor oder spätestens bei der Zuwendung, auch stillschweigend treffen kann (vgl. nur Palandt/Edenhofer, BGB. 66. Aufl. 2007, § 2315 Rz. 3). Die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin verkennen indes, dass zur Bejahung einer stillschweigenden - besser: konkludenten - Erklärung bloßes Stillschweigen des Erklärenden allein nicht ausreicht. Für die Annahme einer stillschweigenden Anrechnungsbestimmung i.S.v. § 2315 Abs. 1 BGB ist es vielmehr erforderlich, dass ein Verhalten des Erblassers feststeht, also unstreitig, zugestanden oder erwiesen ist, das ...

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